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Archiv-Artikel

Den Unmut kundgetan

PROTEST MitarbeiterInnen des Jugendamts fordern ein externes Gutachten darüber, ob die neue Software „Jus IT“ etwas taugt. Zudem solle „umgehend“ die seit 2006 angekündigte Fallobergrenze eingeführt werden

„Die Belastung kann man auch so messen“, sagt der ASD-Personalrat Thomas Auth-Wittke. „Dafür brauchen wir nicht Jus IT“

Rund 200 MitarbeiterInnen der Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) haben gestern im Eimsbütteler Hamburg-Haus ihren Unmut kundgetan über die neue Software „Jus IT“ sowie ihre Arbeitsbedingungen insgesamt. „So eine Personalversammlung habe nicht noch nicht erlebt“, berichtet ein Sozialarbeiter. Nach kritischen Wortbeiträgen habe es im Saal heftigen Applaus und „Abschaffen, abschaffen!“-Rufe gegeben.

Schon morgens um halb zehn standen rund 50 JugendamtsmitarbeiterInnen mit einem „Es reicht“-Transparent vor dem Stadtteilzentrum und erläuterten der Presse ihre Forderungen. „Es gibt mehr als reine Umstellungsschwierigkeiten“, sagt der Bergedorfer Personalratsvorsitzende Thomas Auth-Wittke. Jus IT zwänge die MitarbeiterInnen in ein Korsett und werde der Vielfalt der zu bearbeitenden Fälle nicht gerecht. Bevor das Programm auf andere Bereiche der Bezirke ausgeweitet werde, müsse ein externes Gutachten „klären, ob es wirklich was taugt“, so Auth-Wittke.

Auf der Versammlung, bei der sich die beiden Staatsräte Jan Pörksen (Soziales) und Karl Schwinke (Finanzen) der Kritik stellten, sprachen vor allem ASD-Abteilungsleiter. Tenor: Wie man es auch drehe und wende, die neue Software raube wichtige Zeit. „Die Diskussion war sehr offen“, berichtet Sieglinde Friess, Fachbereichsleiterin bei der Gewerkschaft Ver.di. „Die Kollegen haben gesagt, wo der Schuh drückt.“

In einer Resolution fordern die SozialarbeiterInnen mehr Wertschätzung durch die Politik. Diese müsse auch bei tragischen Unglücksfällen hinter ihnen stehen. Ganz konkret fordern die Beschäftigten jetzt zügig die Einführung von „Fallobergrenzen“ pro ASD-Kollegen. „Die wurden uns schon 2006 vom CDU-Senat versprochen“, sagt Auth-Wittke. Es sei „nicht unüblich, dass ein Kollege 50 bis 60 Fälle hat“. Sinnvoll seien wissenschaftlichen Gutachten zufolge nicht mehr als 27 bis 30 Fälle.

Auch Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hatte jüngst Fallobergrenzen versprochen, sie aber davon abhängig gemacht, was eine Auswertung der Jus-IT-Daten ergibt. Vor dem Hintergrund der Software-Schwierigkeiten scheint das den ASD-KollegInnen nicht sinnvoll: „Die Belastung kann man auch so messen“, sagt Auth Wittke. „Dafür brauchen wir nicht Jus IT.“

An der Sozialbehörde prallten die Forderungen ab. Man plane eine fundiertes Personalbemessungskonzept, so Sprecherin Nicole Serocka. „Da kann es keine schnellen Lösungen geben.“ Dass Jus IT auf andere Arbeitsbereiche ausgeweitet werde, stehe zudem „eindeutig fest“. Die Software sei dafür „optimal geeignet“, sagt Serocka – auch wenn einzelne Mitarbeiter sich noch „gewöhnen müssen“. KAIJA KUTTER