: Mehr Jobs durch hohe Steuer oder mehr Jobs durch niedrige Steuer?CDU: Löhne vom Staat
Die Hürden für die Schaffung neuer Jobs sollen niedriger werden
DIE VORHABEN: Zwei Millionen zusätzliche Arbeitsplätze – das wäre eine schöne Sache. Mit dieser Zahl spielen Politiker der Union, um Hoffnungen für die nächste Legislaturperiode zu säen. Zum Beispiel Fraktionsvize Ronald Pofalla: Würde eine neue Regierung in großem Umfang den so genannten Kombilohn einführen, könnte nicht nur die Zahl der Stellen erheblich zu-, sondern auch das Minus in den staatlichen Haushalten und der Sozialversicherung zugleich abnehmen.
Der Idee des Kombilohns zugrunde liegt die von vielen Ökonomen geteilte Analyse, dass besonders Arbeitslose mit niedrigen Qualifikationen aufgrund der Lebenshaltungskosten höhere Löhne verlangen müssten, als ihnen die Unternehmen zu zahlen bereit sind. Daher soll der Staat einen Trick anwenden: Er finanziert einen Teil der Lohn- oder Lohnnebenkosten aus Steuermitteln, drückt dadurch die Löhne, bringt im Idealfall Millionen Beschäftigungsloser in Arbeit – und spart auch noch Arbeitslosenunterstützung. „In sechs bis zehn Jahren“ ließen sich bis zu 2,3 Millionen zusätzliche Arbeitsverhältnisse aufbauen, beschreibt Martin Werding vom Münchner Ifo-Institut die erhoffte Wirkung.
Neben dem Kombilohn verspricht die Union, den Kündigungsschutz in Firmen bis zu 20 Beschäftigten reduzieren. So soll die Hürde für die Schaffung neuer Arbeitsplätze kleiner werden. Die Belegschaften und Betriebsräte sollen mehr Einfluss auf die Tarifverträge erhalten. Die Hoffnung: Damit sinken die Löhne, und die Firmen sind eher bereit, Beschäftigte einzustellen. Auch durch die Reduzierung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wird Arbeit billiger. Eine weitere Entlastung werden Unternehmen erhalten, wenn die Körperschaftsteuer für Kapitalgesellschaften auf 22 Prozent und die Einkommensteuer für den Mittelstand entsprechend sinken. Auch wohlhabende Privatpersonen sollen von der abermaligen Reduzierung ihres Spitzensteuersatzes auf 39 Prozent profitieren.
DIE AUSWIRKUNGEN: Mit Steuersenkungen hatte Rot-Grün bislang keinen Erfolg am Arbeitsmarkt. Immerhin sind jedoch im Vergleich zu anderen Ländern der Eurozone die Lohnstückkosten während der vergangenen fünf Jahre um zehn Prozent gesunken – eine gute Voraussetzung für den erstrebten Aufschwung. Die Union wird diesen Weg weitergehen. Besonders die Deregulierung von Kündigungsschutz und Tarifrecht bringt Firmen Vorteile. Das von der Union propagierte Gesamtpaket kann durchaus zu wirtschaftlicher Dynamik beitragen – unter anderem, weil Rot-Grün die Basis gelegt hat. Wie viele Stellen der Kombilohn bringt, steht freilich in den Sternen. Bei den bisherigen Pilotversuchen beschränkte sich die Zahl der zusätzlichen Arbeitsplätze auf wenige tausend.
DIE FINANZIERBARKEIT: Ebenso unkalkulierbar wie die jobmäßigen Auswirkungen des Kombilohns sind seine finanziellen Effekte. Zahlt der Staat drauf, oder spart er? Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung schätzt, dass die Finanzierung mehrerer Millionen Niedriglohn-Stellen sehr teuer wäre. Das Ifo-Institut hat zwar einen langfristigen positiven Saldo für die öffentlichen Haushalte errechnet, räumt aber ein, dass die Kosten zwischendurch über das jetzige Niveau hinaus steigen könnten. Wenngleich die Union Steuersenkungen und niedrigere Lohnnebenkosten mit Kürzungen an anderen Stellen der öffentlichen Budgets finanzieren will, so bleibt doch der Eindruck, dass die Sanierung der Staatsfinanzen nicht Priorität genießt. So wurde das Ziel, den Haushalt auszugleichen, auf 2013 verschoben. Ein weiterer Anstieg der Verschuldung ist nicht unwahrscheinlich. HANNES KOCH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen