: Gefährliche Spieler
NIEDERSACHSEN-DERBY Der VfL Wolfsburg verliert am Sonntag im eigenen Stadion mit 0:4 gegen Hannover 96
Das Minimalistische an Hannover 96, diesem bestaunten und aufmüpfigen Nordverein der Fußball-Bundesliga, macht großen Spaß. Seit zwei Jahren schon wundert sich die Konkurrenz, wie aus diesem einst chronisch abstiegsgefährdeten Team eine vermeintliche Spitzenmannschaft werden konnte. In dieser Saison kommt zu den guten Ergebnissen eine ungeahnte Vielseitigkeit der Mannschaft hinzu.
Ehe der VfL Wolfsburg in seinem ersten Heimspiel der neuen Saison begriffen hatte, von welchen hannoverschen Spieler die größte Gefahr ausgehen könnte, war es schon zu spät. Hannovers Neuzugang Szabolcs Hustzi, der für das Kreative im Mittelfeld zuständig ist, bediente die 96-Torschützen Karim Haggui (10.), Artur Sobiech (26./56.) und Leon Andreasen (52.) mustergültig. Seine Vorlagen zu allen Treffern machten einen verdienten 4:0-(2:0-)Auswärtssieg für Hannover möglich.
In das allgemeine Getöse rund um das reizvolle Niedersachsenduell der Bundesliga, das am Sonntag 30.000 Zuschauer sehen wollten, hatten sich die üblichen kritischen Töne gemischt. Felix Magath muss als Boss des VfL Wolfsburg immer und immer wieder erklären, warum er eigentlich so viele Spieler kauft und verkauft und ob er nicht auch mal eine besonnenere Personalpolitik verfolgen könnte. „In dieser Saison haben wir beschlossen, mehr Spieler abzugeben als zu holen“, sagt Magath, der während der sommerlichen Transferperiode tatsächlich ein Plus von zwei Millionen Euro erwirtschaftet hat.
Im Vergleich zum wirtschaftlich eher minder bemittelten Hannover 96 steht dem VfL Wolfsburg aber trotzdem die deutliche größere Anzahl an außergewöhnlich gut bezahlten Profis zur Verfügung. Das große Ziel des vom Volkswagen-Konzern finanzierten Vereins bleibt die Rückkehr in den internationalen Fußball. Deshalb sind Erfolge von Hannover 96, das sich zum Stammgast in der Europa-League entwickelt, und das demütigende 0:4 für die Wolfsburger besonders schmerzhaft.
Die neu formierte Mannschaft des VfL Wolfsburg stieß gegen das eingespielte und nur leicht veränderte Team aus Hannover vor allem an seine spielerischen Grenzen. Was der umsichtige Huszti, der torgefährliche Sobiech und der unermüdliche Lars Stindl im 96-Dress zeigten, war stark und beachtlich.
Immer wieder wirbelte der Gast die Wolfsburger Abwehr mit schönen Kombinationen durcheinander. Während Magath mit gewohnt ernstem Blick auf seiner Trainerbank verharrt, stand Hannovers Trainer Mirko Slomka wie ein Genießer an der Außenlinie und bedachte seine Hauptdarsteller – auch hier ging es äußerst minimalistisch zu – mit einem ganz kurz nach oben gerichteten Daumen für die gezeigten Leistungen.
Slomkas Spieler werden derzeit dafür belohnt, dass sie bereits so manche Überstunde hinter sich haben. Insgesamt vier Qualifikationsspiele in der Europa-League, alle siegreich beendet, haben Hannover einen frühen Rhythmus beschert, den der VfL Wolfsburg bei seinem ersten Heimspiel der Saison noch vergeblich suchte. CHRISTIAN OTTO