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Londons Flughafen Heathrow bestreikt

Mitarbeiter von British Airways treten in den Ausstand. Sie solidarisieren sich mit den entlassenen Angestellten des Bordverpflegungs-Lieferanten Gate Gourmet. Hunderte Flüge werden abgesagt. 70.000 Fluggäste sitzen weltweit vorerst fest

VON FRÉDÉRIC DUBOIS

Ein spontaner Streik von Mitarbeitern der britischen Fluggesellschaft British Airways hat auch gestern die Reisepläne von mindestens 70.000 Fluggästen weltweit durcheinander gebracht. British Airways sagte alle Flüge vom und zum Londoner Flughafen Heathrow bis mindestens gestern Abend 18 Uhr ab, nachdem bereits am Donnerstag über 100 Flüge ausgefallen waren. Am Mittwoch waren zudem auf mehreren Flügen die Bordverpflegung ausgefallen.

Auch in Deutschland waren tausende Reisende betroffen. Allein am größten deutschen Flughafen in Frankfurt wurden sechs Flüge nach London und sieben aus der britischen Hauptstadt abgesagt. In München wurden fünf Starts nach London und vier Landungen gestrichen. Der Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Heathrow, Mick Temple, kündigte gestern an, dass mit Beeinträchtigungen noch mehrere Tage zu rechnen sei. In London verbrachten rund 1.000 Menschen die Nacht zum Freitag auf dem Flughafen, weil Gepäckarbeiter und Abfertigungspersonal von British Airways ihre Arbeit niedergelegt hatten.

Hintergrund der Arbeitsniederlegungen ist die Entlassung von mehreren hundert Angestellten des Catering-Service, der British Airways mit Verpflegung beliefert. Nach Angaben der Transportgewerkschaft hatte die Firma Gate Gourmet am Mittwoch 800 Angestellte vor die Wahl zwischen einem neuen Vertrag mit schlechteren Bedingungen und der sofortigen Kündigung gestellt. Gate Gourmet selbst, das dem US-Unternehmen Texas Pacific Group gehört, sprach von 667 Entlassungen. Aus Solidarität legten die ebenfalls in der Transportgesellschaft organisierten Gepäckarbeiter von British Airways die Arbeit nieder. Wenig später folgte das Personal an den Abfertigungsschaltern von British Airways.

Die schwierige finanzielle Lage des Caterers ist seit langem kein Geheimnis mehr. Die Gewerkschaft der Gate-Gourmet-Arbeiter hatte dem Management bereits im Juni 2005 ein Umstrukturierungspaket vorgeschlagen. Dieses sah nicht nur für Arbeiter, sondern auch für Manager Gehaltskürzungen vor. Der Gewerkschaftssekretär, Brendan Gold, sagte am Mittwoch, dass dieses Angebot vom Management abgelehnt worden sei. David Siegel, Chefmanager von Gate Gourmet, verwahrte sich gegen die Behauptung, seine Firma sei für das Chaos in Heathrow verantwortlich.

Laut einem Bericht der britischen Nachrichtenagentur PA sagte British Airways den vom Streik Betroffenen zu, sie könnten nach dessen Beendigung einen Ersatzflug buchen oder sich den Ticketpreis erstatten lassen. Zudem bemühe man sich, für die Passagiere Flüge mit anderen Gesellschaften zu organisieren.

Dennoch beschwerten sich viele Fluggäste über das schlechte Management. Doch deren Ärger ist das eine. Sollte sich der Arbeitsstreit weiter hinziehen, könnte das die Fluggesellschaft wie bereits in den Sommermonaten 2003 zwischen 30 und 40 Millionen Pfund (45 bis 60 Millionen Euro) kosten.

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