: Eine Landschaft, zu schön für ein Y
DIE INI (III) Die „Bürger für Umwelt“ (BFU) engagieren sich seit 1998 in Visselhövede gegen die Y-Trasse
Die Norddeutschen engagieren sich in Bürgerinitiativen gegen Verkehrsprojekte, für Tiere oder gegen Datenmissbrauch – mal laut und knallig, mal leise und beharrlich. Diese Serie stellt in loser Folge die Menschen hinter den Initiativen vor.
Hannes Wilkens ist kein Eiferer. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass dieser Mann in den Vierzigern wutentbrannt auf die Straße rennt, um zu demonstrieren. Er argumentiert differenziert, bringt Landkarten und großformatige Landschaftsfotos mit zum Gespräch. Lange erklären muss er nicht, dass es rings um Walsrode mit den sich sanft wellenden Feldern und Wäldern schön ist – zu schön für eine neue Bahnstrecke, findet Wilkens.
Er gehört seit fast zehn Jahren zur Initiative Bürger für Umwelt (BFU), die sich seit 1998 in Visselhövede gegen die Y-Trasse engagiert. Das Y steht für die drei geplanten Streckenabschnitte, die bereits vorhandene Strecken im Raum Hamburg, Bremen und Hannover y-förmig anbinden sollen. Notwendig sei die Trasse, um Güter aus den Häfen in Bremen und Hamburg besser abfahren zu können.
Für Wilkens kein Argument. „Die Container stehen schon längst dort“, sagt er, eine Hochgeschwindigkeitsstrecke sei unnötig und die Region sei geschlossen dagegen. Die BFU ist nur eine von mehreren Bürgerinitiativen, die sich entlang des unterschiedlichen möglichen Streckenverläufe gegründet haben.
Walsrodes Bürgermeisterin allerdings würde von der Y-Trasse profitieren, denn sie wünscht sich einen ICE-Halt für ihre Stadt. Als die Stadt Walsrode im vergangenen Winter Bahn-Vorstandschef Rüdiger Grube zum Neujahrsempfang einlud, demonstrierte die BFU – auch Wilkens ging mit auf die Straße. Jetzt kam Grube erneut nach Walsrode, dieses Mal, um sich mit Vertretern mehrerer Bürgerinitiativen zu treffen – darunter die BFU-Vorsitzende Elke Motzkau. Zwei Stunden dauerte das Gespräch. Ergebnis: Das Gespräch solle fortgesetzt und die Bürgerinitiativen in die Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie für die Y-Trasse einbezogen werden.
Wilkens will, dass vorhandene Strecken erneuert und verbessert werden, statt neue zu bauen. Die Amerikalinie Bremerhaven-Verden-Soltau-Stendal liege brach und könne ausgebaut werden. „Sie läuft durch mein Grundstück“, sagt Wilkens, er sei aber trotzdem dafür, damit sich da was tue. Und die Strecke Rotenburg-Verden sei schon lange im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans.
Wer sich mit Schienen beschäftigt, muss sich in komplizierte Materie vertiefen. Wilkens und die anderen von der BFU-haben sich durch 19 Aktenordner des Raumordnungsverfahrens gearbeitet. Sie wissen, dass nicht nur private Grundstücke von der Y-Trasse betroffen wären, sondern auch Gebiete, die nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU (FFH) geschützt sind. Sie sind nach Hannover und Berlin gefahren, haben mit Verkehrspolitikern geredet.
Der Grube-Besuch war ein kleiner Erfolg, aber die Arbeit geht weiter. FBT