Hastiger Rauswurf

VON RALF SOTSCHECK

Omar Bakri Mohammed darf nicht mehr zurück nach Großbritannien. Das Londoner Innenministerium hat gegen den radikalen islamischen Geistlichen gestern Mittag ein Einreiseverbot verhängt. Der 45-Jährige, den die britische Presse „Tottenham-Ajatollah“ getauft hat, lebte seit 1986 in Großbritannien, nachdem er aus Saudi-Arabien ausgewiesen wurde. Er hat früher die Organisation al-Muhajiroun angeführt, die Premierminister Tony Blair gerne verbieten lassen will. Bakri sagte jedoch, er habe al-Muhajiroun schon vor längerer Zeit aufgelöst, weil er von „der zionistischen Presse in Großbritannien verfolgt“ worden sei. Vorige Woche reiste Bakri nach Beirut, um seine Mutter zu besuchen, kündigte aber an, dass er nach Großbritannien zurückkehren wolle.

Innenminister Charles Clarke begründete die Aufhebung des unbegrenzten Aufenthaltsrechts damit, dass Bakris „Anwesenheit dem öffentlichen Wohl nicht förderlich“ sei. Bakris Invalidenrente wurde ebenfalls storniert. Seine Frau und sieben Kinder dürfen dagegen in Großbritannien bleiben, erklärte das Innenministerium.

Der innenpolitische Sprecher der Tories, David Davis, sagte gestern, das ganze Land begrüße die Entscheidung, Bakri nicht mehr einreisen zu lassen. „Wir haben den Innenminister schon lange dazu gedrängt und sind froh, dass er es endlich getan hat“, sagte er. Bakris Sprecher Anjem Choudray sagte dagegen, das Einreiseverbot sei unerhört. „Er ist in diesem Land niemals eines Verbrechens angeklagt gewesen“, sagte Choudray. „Er ist ein großer Verlust für die britische Öffentlichkeit und für die muslimische Gemeinde. Es ist typisch für die repressive Natur des Blair-Regimes.“

Bakris Einreiseverbot ist Teil der neuen Antiterrormaßnahmen, die Blair vorige Woche angekündigt hatte. Vorgestern wurden zehn Ausländer von der Polizei verhaftet. Sie sollen deportiert werden. Einer von ihnen ist Abu Katada, den der spanische Richter Baltasar Garzon, der die Anschläge von Madrid untersucht, als „al-Qaidas Botschafter in Europa“ bezeichnet hat. Die Namen der anderen neun dürfen aus rechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden. Die meisten von ihnen stammen aus Algerien und waren bis März im Gefängnis Belmarsh interniert. Nachdem die Lordrichter jedoch urteilten, dass solche Internierungen, die lediglich gegen Ausländer gerichtet sind, illegal seien, wurden die Männer entlassen und unter Hausarrest gestellt.

Mehrere Anwälte, die auf Menschenrechte spezialisiert sind, haben die Regierung gestern scharf kritisiert. Gareth Peirce, die sieben der Männer vertritt, bezeichnete die geplanten Abschiebungen als „verrückt und gefährlich“. Zwar muss die britische Regierung keine neuen Gesetze verabschieden, um die zehn Männer in ihre Heimatländer deportieren zu können, sondern kann das Einwanderungsgesetz von 1971 anwenden, aber die Männer haben das Recht, vor dem Oberhaus und vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Abschiebung Berufung einzulegen.

Peirce kritisierte auch die Regierungspläne, wonach den Richtern gesetzlich vorgeschrieben werden soll, wie sie das Europäische Gesetz für Menschenrechte zu interpretieren haben, das Großbritannien ratifiziert hat und das Schutz vor Abschiebung in Länder bietet, in denen gefoltert wird. Der Lordkanzler, Lord Falconer, will Richter, die Abschiebungen blockieren, per Gesetz auf Regierungslinie bringen. „Das ist der vernünftige Weg, um im Rahmen der Europäischen Konvention zu bleiben, aber eine vernünftige Lösung für Deportationen zu finden“, sagte er.