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Archiv-Artikel

Rußvignetten werden immer bunter

Die Feinstaubdebatte geht weiter: Der Städtetag droht mit Fahrverboten für Dieselrußer, Umweltminister Trittin bleibt optimistisch, und Unionsland Baden-Württemberg will sogar 15 Vignetten einführen, um Schadstoffausstoß zu markieren

von KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Es klang dramatisch: Der Städtetag ließ am Wochenende wissen, dass einzelne Kommunen „erwägen“, nächstes Jahr Teile ihrer Innenstädte für Dieselfahrzeuge ohne Rußfilter zu sperren. Doch so originell ist das Drohszenario nicht: Schließlich wartet die EU schon lange ungeduldig darauf, dass Deutschland endlich die Abgasnormen einhält, und hat eventuelle Strafmaßnahmen angekündigt. Die Grenzwerte dürfen nur an 35 Tagen im Jahr überschritten werden – dagegen haben bereits 14 Städte verstoßen.

Wenn die EU-Werte respektiert werden sollen, müssen bis spätestens 2008 alle Diesel-Pkw und Kleinlastwagen der Schadstoffklassen Euro 2 oder schlechter aus dem Verkehr gezogen oder wenigstens mit temporären Fahrverboten belegt werden. 3,8 Millionen Autos und etwa eine Million Lastwagen sind betroffen. Doch nur bei etwa einer Million Fahrzeugen lohnt sich die Nachrüstung mit einem Dieselrußfilter. 700 bis 800 Millionen Euro dürfte das die Besitzer kosten. Alle anderen können nur noch versuchen, willige Käufer jenseits der EU zu finden – etwa auf dem Balkan.

Die deutschen Autokonzerne nehmen zumindest bei den Neuwagen die EU-Vorgaben inzwischen ernst. Nachdem sie die Entwicklung zunächst verschlafen hatten, werden etwa alle Dieselfahrzeuge der Nobelmarke Mercedes schon seit Juli serienmäßig mit Rußpartikelfiltern ausgestattet. Sie erlauben die Einordnung der Fahrzeuge in die EU-Norm Euro 4.

Auch Opel startete eine Rußfilter-Offensive. In die Modellreihen Astra, Zafira, Vectra und Signum wird jetzt serienmäßig ein Rußfilter eingebaut. Für Dieselfahrzeuge anderer Baureihen können „Nachrüst-Kits“ geordert werden. Dieses Angebot hat den Absatz gerade an Dieselfahrzeugen im zweiten Quartal 2005 in Deutschland etwas nach oben getrieben, während die französischen Autobauer Peugeot und Citroën erstmals Absatzeinbußen hinnehmen mussten. Sie galten bisher als die europäischen Vorreiter beim serienmäßigen Einbau von Dieselrußfiltern.

Befristete Fahrverbote können jedoch nur ausgesprochen werden, wenn die Fahrzeuge entsprechend gekennzeichnet sind. Auf einer Sitzung des Bundeskabinetts letzten Mittwoch sollte denn auch eine Verordnung verabschiedet werden, die vier verschiedene runde Plaketten (Vignetten) für schadstoffarme Autos vorsah, die dann auch in Zeiten mit hoher Feinstaubbelastung durch die Innenstädte gesteuert werden dürfen. Pro Vignette müssten die Autofahrer 5 bis 10 Euro zahlen – die Einnahmen könnten insgesamt 200 bis 400 Millionen Euro betragen.

Doch Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) legte sein Veto ein. Zu viele rechtliche Fragen seien noch offen. So sei es etwa nicht nachvollziehbar, warum auch die Fahrer von Benzinfahrzeugen die Plakette kaufen müssten, obwohl doch Benzinmotoren überhaupt keinen Dieselruß produzierten.

Dennoch geht Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) davon aus, dass die Verordnung auf der wohl letzten Kabinettssitzung am 31. August verabschiedet und danach „einvernehmlich“ mit dem Bundesrat eingeführt werden kann. Denn Trittin hat die Verordnung auf Bitte der Länder erarbeiten lassen.

Dort kursieren inzwischen neue Vorschläge. So sieht ein Entwurf des CDU-regierten Landes Baden-Württemberg vor, insgesamt 15 Vignetten in unterschiedlichen Formen (rund, dreieckig, viereckig) einzuführen. Damit sollen dann alle Autos, Lastwagen und Busse gekennzeichnet werden – ob Benziner, saubere Diesel oder Autos mit hohem Partikelausstoß. Auch die Union verspricht: Bis spätestens November sollen die Autofahrer Klarheit haben, wann sie wo ein Bußgeld riskieren.

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