heute in bremen: „Da geht es wirklich um einen Geist“
Christine Renken,51, ist Schauspielerin, Mitbegründerin und Leiterin des Theaters Interaktiwo.
Interview Lukas Scharfenberger
taz: Frau Renken, was ist ein Gespenst für Sie?
Christine Renken: Die weiße Frau von St. Stephani zum Beispiel: Das ist eine Geschichte, da geht es wirklich um einen Geist. Sie ist eine Nonne, die ermordet worden ist und im Mittelalter immer wieder gesichtet worden sein soll. Was da Realität und Fiktion ist, ist schwer zusagen. Wir erzählen auf unserer Führung aber auch Geschichten, die wirklich stattgefunden haben: Es gab mal eine Magd in Bremen, die wegen Hexerei angeklagt worden ist und im Verhör verstarb. Die Bremer hielten nach ihrem Tod noch Gericht über sie und verurteilten sie zum Tode. Interessant finde ich, wie die Bremer mit ihrem Aberglauben umgegangen sind.
Ist die Führung für Kinder nicht zu gruselig?
Nein es ist auch eher ein Familienangebot. Wenn Kinder dabei sind, sind wir darauf eingestellt: Ich habe eine Handpuppe als Fledermaus. Sie heißt Flippsi, sie besteht auf das doppelte „P“ und wohnt im Dom oben auf dem Dach. Flippsi ist ein Verbindungselement zu den Kindern, damit sie nicht Super-Angst bekommen. Manchmal nehme ich statt der Fledermaus auch den Drachen Fumarole mit, der sitzt bei mir auf der Schulter. Er ist der letzte Norddeutsche Schulterdrache.
Gibt es eine besondere Attraktion für die Kinder?
Es gibt Gespensterkontakt! Bremen hat ja ein vierzehnbeiniges Gespenst: Für die Räuber waren die Bremer Stadtmusikanten Gespenster. Wir schleichen uns dann von hinten an das „Gespenst“ heran und zeigen den Kindern die Statue. Es ist erstaunlich, wovon sich die Kinder manchmal noch ins Bockshorn jagen lassen.
Wer ist „Wigberdus“?
Gespensterführung des Theaters Interaktiwo: 19 Uhr, Marcus-Brunnen am Unser Lieben Frauen Kirchhof
Das ist einfach ein Name, den wir uns überlegt haben. Gespensterführung mit Frau Renken klingt einfach doof. „Wigberdus“ ist derjenige, der die Geschichten lebendig gestaltet: Er ist der liebevolle Spinner für die Kinder, der total verrückt ist. Also positiv verrückt ist. Aber er kann auch mal ordentlich vom Leder ziehen, wenn auf einer Führung nur Erwachsene anwesend sind.
Gruseln sich auch die Erwachsenen bei Ihnen?
Die Erwachsenen gruseln sich, weil manche der Geschichten wirklich passiert sind und der Ort, an dem wir sie erzählen, auch der Ort ist, an dem sie stattgefunden haben. Das ist auch für die Erwachsenen ein starker Eindruck.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen