berliner szenen
: Noch schlechter als der alte

Es gibt Schöneres, als Hotlines anzurufen. Aber es gibt Schlimmeres, als dies in der Sonne am Heinrichplatz zu tun, denke ich, als ich mit dem ersten Zug an meiner Kippe die Kundennummer wähle. Der Cappuc­cino kommt, und ich beantworte die ersten Fragen einer automatisierten Frauenstimme. Haben Sie Fragen rund um Ihren Handyvertrag, dann drücken Sie die Eins. Ich drücke die Eins. Vielen Dank. Wenn Sie damit einverstanden sind, dass das folgende Gespräch zur ­Serviceoptimierung aufge­zeich­net wird, dann antworten Sie bitte mit Ja. Ich antworte mit einem klaren und deutlichen Ja, der alte Mann am Nebentisch schaut mich verwirrt an.

Nach einer zigarettenlangen Pause in der Warteschleife begrüßt mich eine monotone, aber menschliche Männerstimme. Ich erkläre mein Anliegen: eine Vertragsverlängerung, aber zu den und den Konditionen. Der Mann in der Leitung bittet mich um einen Moment Geduld und tippt vielversprechend in seinen Rechner. Sein Angebot: ein Vertrag zu schlechteren Konditio­nen als bei dem alter, den ich gekündigt habe. Ich antworte, dass dieses Angebot sehr unlogisch sei. Der Mann in der Leitung schweigt erst und sagt dann: „Unser System baut nicht auf Logik.“

Ich frage ihn, ob es zumindest möglich wäre, ein EU-Roaming zu bekommen, das die Schweiz einschließt. Wieder tippt er und meint dann: „Ich kann Ihnen Ihren alten Vertrag anbieten. Da ist die Schweiz noch mit drin.“ Ich will daraufhin das Telefonat beenden. Reine Zeitverschwendung. Doch meine genervte Stimme scheint nicht den Hotlinemann erreicht zu haben. Am Ende bittet er mich, ihm zehn Punkte für den Kundenservice zu geben. „Zehn Punkte bedeutet ‚wunderbar‘ “, sagt er noch. Ich sage nichts mehr, lege auf und schaue nun auch verwirrt zu dem Mann am Nebentisch. Eva Müller-Foell