: Doppel-Oskar lässt Linke zittern
In dieser Woche entscheidet der NRW-Wahlausschuss über die Zulassungen zur Bundestagswahl. Linksbündnis hat ein Problem: die Doppelkandidatur von Oskar Lafontaine in NRW und im Saarland
VON MARTIN TEIGELER
Weil Oskar Lafontaine doppelt zur Bundestagswahl antritt, muss die Linkspartei.PDS Sanktionen des Landeswahlausschusses fürchten. Am kommenden Freitag berät das Gremium im Landtag über die Wahlvorschläge. Gestern Abend um 18 Uhr war die Frist für die Einreichung von Listenvorschlägen abgelaufen. Dass sich Lafontaine sowohl als Linkspartei-Direktkandidat im Saarland als auch auf Platz 1 der NRW-Landesliste bewirbt, könnte der Ausschuss beanstanden. „Das ist ein Phänomen, mit dem die Ausschüsse umgehen müssen“, so der Parteienrechtler Thilo Streit von der Uni Düsseldorf gestern zur taz. Denkbar sei, dass entweder die Wahlkreis-Bewerbung für ungültig erklärt oder Lafontaines Name von der NRW-Liste gestrichen werde, um ein „Doppelmandat“ zu verhindern.
NRW-Landeswahlleiterin Helga Block gab keine Stellungnahme zu der nahenden Entscheidung ab. „Sie will den Beschlüssen nicht vorgreifen“, sagte eine Sprecherin des nordrhein-westfälischen Innenministeriums. Der Landeswahlausschuss (siehe Infokasten) werde „nicht weisungsgebunden“ und „unabhängig“ über die Zulässigkeit der Wahlvorschläge entscheiden. Auf Vorschlag von Block, die mit ihren Mitarbeitern eine rechtliche Prüfung vorgenommen hat, haben allerdings sechs Parteienvertreter das letzte Wort über die Konkurrenz.
Seit Wochen streiten Parteienrechtler und Jura-Professoren erbittert über die Rechtmäßigkeit der Linkspartei-Wahllisten (taz berichtete). Kernpunkt der Auseinandersetzung: Haben PDS und Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) eine nach dem Wahlgesetz verbotene Listenverbindung konstruiert, um die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen? Der Bonner Staatsrechtler Wolfgang Löwer hatte angekündigt, er werde in jedem Fall nach der Wahl ein Wahlprüfungsverfahren einleiten, falls die Listen der Linkspartei.PDS von Landeswahlausschüssen zugelassen würden. Löwer sagte: „Ich habe Zweifel, ob die Listen der Linkspartei – der ehemaligen PDS – rechtlich einwandfrei sind.“ Die Reservevorschläge „müssen von einer Partei sein. Zwar sind die Listen auch nur von der Linkspartei aufgestellt worden. Aber es scheint offensichtlich Wahlabsprachen zwischen der PDS vor ihrer Umbenennung in Linkspartei und der WASG gegeben zu haben.“ Grundsätzlich dürfe nur die Liste einer Partei und keine Listenverbindung von zweien antreten.
Andere Experten deuten die Ex-PDS-Listen nicht so. „Es ist klar, dass hier die Linkspartei ihre Kandidaten aufgestellt hat“, so der Düsseldorfer Parteienrechtler Streit. Wenn die Linkspartei.PDS – ähnlich wie bei vergangenen Wahlen – ihre Listen für andere Parteimitglieder öffne, sei das nicht zu beanstanden. „Das ist durch das Wahlrecht gedeckt.“ Offenbar sieht das der NRW-Wahlausschuss ähnlich. Nach taz-Informationen dürfte die Linkspartei am 18. September in NRW auf dem Wahlzettel stehen. „Wir sollten uns mit der Linkspartei politisch und nicht juristisch auseinander setzen“, so die grüne Fraktionsvorsitzende Sylvia Löhrmann.
Auch der NRW-Landesverband der Linkspartei.PDS, dessen führende Vertreter sich in den letzten Wochen mehrmals mit Vertretern der Landeswahlleitung besprochen hatten, rechnet nicht mit einem Ausschluss. Und dass Lafontaines Name wegen der Doppelkandidatur in NRW und im Saarland von der Landesliste gestrichen werden muss, erwartet NRW-PDS-Vizechef Wolfgang Freye ebenfalls nicht: „Gregor Gysi ist 1994 auch auf der NRW-Liste angetreten und hat gleichzeitig in Berlin für ein Direktmandat kandidiert.“ Gysi selbst meldete sich auch zu Wort. Der Jurist drohte bei Nichtzulassung der Linkspartei-Landeslisten mit Wahlanfechtung.