: Mit leisen Tönen in die Zukunft
Die Privatisierung der Jugendfreizeitheime ist in vollem Gange, doch in den meisten Einrichtungen herrscht Ratlosigkeit. Auch die freien Träger wissen noch nicht, wie viel Geld sie für ihre Arbeit bekommen. Schon fürchten einige Freizis um ihre Existenz
Bremen taz ■ Susanna weiß schon, was es sein soll: „Der Schrei nach Liebe von den Ärzten.“ Als Klingelton. Aufs Handy. Die CD hat die 14-Jährige gleich mitgebracht. Gemeinsam mit vier anderen Mädels und zwei Jungs nimmt sie an einem alternativen Klingelton-Workshop im Jugendfreizeitheim Friese teil.
Das Projekt markiert den Anfang der „neuen“ Friese, die seit Mitte Juli vom gleichnamigen Verein betrieben wird. Dem gingen acht Monate zäher Verhandlungen voraus, in der die Arbeit mit denJugendlichen fastzum Erliegen kam. „Wir fangen praktisch bei Null an“, so Holger Lauster, der seit 1995 in der Friese arbeitet. Zuletzt hätten „kaum noch“ BesucherInnen den Weg ins Viertel gefunden.
Die Friese ist das erste von insgesamt 19 Jugendfreizeitheimen, die bis 2006 in private Trägerschaft überführt werden sollen. Doch in den meisten Häusern herrscht noch Ratlosigkeit: „Es ist alles in der Schwebe“, so Frank Bol vom Freizi in der Vahr. Ähnliches ist von der Leiterin des Jugendfreizeitheims in Findorff, Jutta Schöppe, zu hören: „Wir wissen noch nicht, wie es weiter gehen soll.“ Sicher ist nur: Der Beschäftigungsträger BRAS (Bremer Arbeitslosen-Selbsthilfe) soll das Haus in Findorff übernehmen – wann und zu welchen Bedingungen ist unklar.
Die BRAS engagiert sich in dem Freizi bereits jetzt mit drei befristeten Stellen in einem Berufs- und Ausbildungsprojekt. „Deswegen ist die BRAS das beste, was uns passieren konnte“, so Schöppe. Dennoch blickt das einzige Jugendzentrum Findorffs etwas bange in die Zukunft: Wenn das Sozialressort jetzt die Gelder kürze – was allgemein befürchtet wird – sei das Konzept eines ständig offenen Jugendzentrums am Ende.
Auch das Jugendfreizeitheim im Buntentor kämpft um seine Existenz. Bereits seit zwei Jahren machen Gerüchte die Runde, das Freizi könnte geschlossen werden, schließlich gibt es mit dem benachbarten Jugendhaus in der Thedinghauser Straße und dem Mädchentreff „Gewitterziegen“ noch zwei weitere Jugendzentren in der Neustadt. Schon wanderten viele Jugendliche ab, berichtet Birgit Balmer, die seit 15 Jahren in dem Freizi tätig ist. Werde das Jugendzentrum geschlossen, „landen immer mehr Jugendliche auf der Straße“, sagt Balmer. „Die gehen nicht einfach ins nächste Jugendzentrum.“ Auch die behinderten Jugendlichen aus dem nahen Martinsclub wären dann heimatlos.
Um die Trägerschaft im Buntentor beworben hat sich das Deutsche Rote Kreuz, das auch in der Neustadt, Rablinghausen sowie in Bremen-Nord aktiv werden will. Die abschließenden Gespräche beginnen im September, auch über Mittelkürzungen wird erst dann geredet. „Billiger wird es in privater Trägerschaft nicht“, sagt Frank Bol. Und auch Michael Lauster geht davon aus, dass der Friese weiterhin rund 120.000 Euro zur Verfügung stehen. Mit diesem Geld will die Friese auch weiterhin den kommerziellen Klingelton-Vertreibern wie „Jamba“ Paroli bieten – und neue Jugendliche ins Haus holen. Schließlich war der Workshop zugleich Auftakt der bundesweiten Kampagne „my tone“, die gestern an den Start ging. Die Hälfte aller acht bis 13-Jährigen besitzt heute ein Mobiltelefon – das macht sie zum Thema für die Freizis, so Lauster. „Das entspricht einfach der Lebenswelt der Jugendlichen.“ Jan Zier