das wetter:
Glockentod
Das gesamte Geläut war bestürzt. Der steinalte Küster war am Morgen in der Glockenstube erschienen und hatte von den jungen Glocken verlangt, alle Höhen fallen zu lassen. Verlegen besahen sich die Prim- und Nonglocken ihre Rippen und wussten nicht, ob sie sich verhört hatten. Die dicke Pulsglocke wurde ganz rot und verklöppelte sich prompt beim nächsten Geläut, dass nicht erhaben, sondern wie ein Schulhofgeschnatter klang. Zutiefst verunsichert diskutierte das Geläut die Lage. Man könnte den Küster die Treppe hinunterstürzen lassen, dass er sich den Hals breche, schlug die Schiedglocke vor. Und so kam es auch. Die Klöppel tanzten nur so, die Treppe schwang hin und her und der Küster stürzte ins Bodenlose. Die Glocken aber bollerten vor Freude. Nur die Gloriosa schwieg bedrückt. Dieser tumbe Nuschler von Küster mit seinen ewigen Höhen und Tiefen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen