das wetter:
Heimat
„Katjuscha-Jonni, sing uns ein Lied aus der Heimat!“, rief die Rentnermeute, nachdem der Protobariton sie mit einer Salve Kreutzersonaten in Pik-Dur zur Raserei gebracht hatte. Zuvor hatte der Sänger das innere Kind des ältlichen Publikums mit einem Singspiel aus der Kreidezeit hervorgelockt, dessen Libretto schlicht „Brumm, brumm, Zwiebelkonfekt!“ lautete. Und obwohl Jonni zur Gemütsberuhigung nun einen fettigen Canzone nach dem anderen in die Kurmuschel von Bad Eisenstein knödelte, dass der Schmier von der Decke tropfte, drohte die Sache außer Kontrolle zu geraten. Noch immer saß das innere Kind blöde grinsend am Bühnenrand und fraß Konfekt, während die Rentermeute mit Gebissen warf. „Nun gut, ein Lied aus der Heimat“, gab sich Jonni geschlagen und hub jene berühmte Zeile zu singen an: „Wo Brünn und Nase fließen, da dübel ich hinein.“
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