piwik no script img

BERLIN UND DIE SIEBEN BERGE VHUMBOLDTHÖHE, Volkspark Humboldthain

Berliner Berge sind Zwerge. Doch auch Zwerge werfen lange Schatten. Eine Expedition zur Humboldthöhe in 36 Ansichten von Fred Hüning.

Alexander von Humboldt, Tagebuch vom 23. Mai 1819:

Auf zu neuen Ufern! Am Humboldt-Forum wartet schon die Kutsche auf meinen treuen Gefährten Bonpland und mich. Die Fahrt durch Touri-Land ist zäh, aber ungefährlich. Vor dem Gleimtunnel am Rande der bekannten Welt scheuen die Rappen. Der Kutscher murmelt mit wirren Blick etwas von „Dahinten ist Fledermausland!“ und prescht ohne uns zurück nach Pankow. Schweigend marschieren wir durch den langen, dunklen, feuchten Korridor und erreichen schließlich den sagenumwobenen Wilden Wedding. Am Fuße des Grauen Berges verschlägt es uns in eine Spelunke namens „Zum Fußpils“. Dort wimmelt es nur so von Ureinwohnern. Wir machen ein besonders kräftiges Männchen vom Stamme der Kesselflicker namens „Hein“ mit literweise Berliner Mampe gefügig. Willenlos setzt er sein Kreuz auf den Sklavenvertrag, der ihn verpflichtet, uns auf den Berg zu bringen. Am nächsten Morgen nimmt Hein uns unter allerlei unverständlichen Flüchen auf seine starken Schultern und bergauf geht es. Durch das sanfte Schaukeln und den warmen Wind werden wir schnell schläfrig. Auf dem Gipfel angekommen, weckt uns Hein sanft. Überwältigt von dem Blick über Berlin lässt sich Bonpland zu dem Ausspruch „Das ist ja die Höhe!“ hinreißen, während unser tapferer Träger auf mich deutet und mehrfach freudig ausruft: „Du Humboldt, ich Hein“.

Und so kamen schließlich Humboldthöhe und Humboldthain zu ihren Namen.

Von Fred Hüning

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen