: Angies neue Super-Nanny
Eigentlich freuen sich SPD und Grüne über den Abgang der niedersächsischen Familienministerin Ursula von der Leyen in Merkels Kompetenzteam. Aber Schelte für das CDU-Starlet gibt es trotzdem
von Kai Schöneberg
„Kinder sind zwar unser größtes Glück – aber Kinder brauchen auch glückliche Eltern.“ Deshalb versprach Ursula von der Leyen in einer ihrer Kolumnen für die Bild, sich jetzt schnurstracks mit ihrem Mann zu verabreden. Dafür wird das 46-Jährige CDU-Starlet nun noch weniger Zeit haben. Ob die Kolumne im Wahlkampf fortgeführt werde, sei nicht entschieden, hieß es gestern in von der Leyens Sozialministerium in Hannover. Sicher ist nun jedoch, dass die Ärztin aus Sehnde bei Hannover im „Kompetenzteam“ von Angela Merkel für Familien- und Gesundheitspolitik steht. Bis zum 18. September wird sie bundesweit 30 Wahlkampftermine absolvieren.
SPD und Grüne freuen sich eigentlich, dass die durchs Talkshow-Tingeln populäre Mutter von sieben Kindern demnächst ganz nach Berlin entfleuchen könnte. Dennoch warnte SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner gestern pflichtgemäß vor der „niedersächsischen Erfahrung“ aus den vergangenen zweieinhalb von der Leyen-Jahren. Ihre Bilanz spiegele „nicht im geringsten ihre hohen Sympathiewerte“ wider, sagte die Grünen-Landeschefin Brigitte Pothmer. Die Abschaffung des einkommensunabhängigen Blindengeldes, der Kahlschlag bei den Frauenbeauftragten und ihr „traditionelles Familienbild“ zeigten, dass von der Leyen auch „in Berlin keine politischen Wunder vollbringen“ werde, betonte Pothmer. Sie komme zwar „als christdemokratische Super-Nanny“ daher, aber die Chefin der CDU-Kommission „Eltern, Kind, Beruf“ habe im Unions-Wahlprogramm auch nicht mehr Kinderbetreuung oder eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durchsetzen können.
Keine Landesregierung habe „bisher in der Geschichte des Landes Niedersachsen die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und ihre Arbeit in dieser Form behandelt“, zitierte der SPD-Mann Jüttner trocken aus einer Erklärung betroffener Verbände. „Begriffe wie Planungssicherheit, verlässliche Partnerschaft und Vertragstreue“ seien unter von der Leyen „zu hohlen Phrasen“ verkommen.
Von der Leyen (Familien-Spitzname „Röschen“) hat immer wieder bestritten, ihre Kinderschar für politische Zwecke instrumentalisiert zu haben, die Sieben gehörten „einfach dazu“. Dennoch ist auch in der schwarz-gelben Landesregierung nicht jeder traurig über ihren möglichen Abgang. Vor allem in der CDU neiden der Tochter des einstigen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht viele den schnellen Aufstieg: Ohne Landtagsmandat wurde die Frau mit dem Dauer-Lächeln im Februar 2003 direkt ins Ministeramt gehievt.
Obwohl Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) gestern betonte, über von der Leyens Nachfolge werde „erst nach der Wahl entschieden“, wird schon spekuliert. Sozial-Staatssekretär Gert Hoofe gilt zwar als Kenner der Materie, vor allem auf dem Gebiet der Arbeitsmarktpolitik. Aber er spinxt seinerseits auf einen Posten in von der Leyens Ministerium; mit Hoofe würde zudem die Frauenquote in Wulffs Kabinett sinken.
Als Kandidatinnen werden deshalb die Bundestagabgeordnete Maria Flachsbarth und die sozialpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Mechthild Ross-Luttmann, gehandelt. Flachsbarth gilt in ihrer Heimatregion Hannover zwar als „schwer durchsetzbar“, wäre aber um ein Haar neue Sozialministerin im Kieler Kabinett von Harry Peter Carstensen (CDU) geworden. Die Ex-Direktorin der Kreisverwaltung von Rotenburg, Ross-Luttmann, hat sich als Sozialexpertin der Fraktion profiliert.