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Archiv-Artikel

CDU-Kompetenz ohne Konzept Kommentar von Ralph Bollmann

Pünktlich zur Vorstellung von Merkels Kompetenzteam lieferten Umfragen die passenden Zahlen: 69 Prozent der Bevölkerung sind davon überzeugt, dass sich eine neue Regierung mit der Lösung der anstehenden Probleme ähnlich schwer tun wird wie die alte. Obwohl die Bundestagswahl als besonders wichtig gilt, knüpfen sich daran überaus bescheidene Erwartungen. Viele hoffen auf einen Merkel-Effekt. Aber niemand weiß, worin er eigentlich bestehen soll.

Die neun Köpfe, die bei der Union für „Kompetenz“ stehen sollen, helfen auch nicht weiter. Da steht der Verfassungsrechtler Kirchhof als Finanzexperte für ein radikales Steuerkonzept, das im Parteiprogramm nicht vorkommt und das Besserverdienende begünstigt. Da steht andererseits der Saarländer Müller als Wirtschaftsexperte für eine Politik, die jeder Radikalität abhold ist und eher das soziale Gewissen der Union betont. Die Stuttgarter Kultusministerin Schavan will eine föderale Bildungspolitik, bei der sie als Bundesbildungsministerin nichts mehr zu sagen hätte. Der mögliche Innenminister Beckstein ist ein Duzfreund des Amtsinhabers Schily, und auch der Kulturpolitiker Lammert betont gern die Kontinuität. Thüringens Ministerpräsident Althaus schließlich sagt gleich ganz offen, dass er gar nicht nach Berlin wechseln will.

Die Frage, was die Union will, hat Angela Merkel mit ihrer Präsentation kein bisschen beantwortet. Nach dem Aufruhr um Edmund Stoibers Beschimpfung der Ost-Wähler kehrt sie mit ihrem schattenhaften Wahlkampfkabinett zur Strategie zurück, mit dem Schlafwagen zur Macht zu fahren und dem Volk bei der Fahrscheinkontrolle am Wahltag als einziges Billett den verbreiteten Frust über Rot-Grün vorzuweisen.

Die Konzeptlosigkeit muss die Kandidatin ihrer Partei nicht einmal verordnen. Die Christdemokraten wissen selbst nicht, was sie nach dem 18. September wirklich wollen. Nicht alles anders, aber vieles besser machen: Der gestrige Auftritt der Union erinnerte stark an den Spruch, mit dem schon Gerhard Schröder 1998 die inhaltliche Leere zu verbergen suchte. Schröder kam damit sieben Jahre durch. Merkel wird so viel Zeit nicht haben.