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Archiv-Artikel

berliner szenen Stabi-Connection 3

Lolitas Flirts

Der Romanschreiber, der mal mit Lolita zusammen war, hieß bei mir zuerst „Der Amerikaner“, weil ich fand, dass er etwas Amerikanisches hatte. Er trug meist Jeans und karierte Holzfällerhemden. Eine Weile saß er in unserem Stabi-Lesesaal und schrieb an einem Roman, worauf die Bücher über gutes Deutsch hindeuteten, die auf seinem Tisch lagen. Aber eigentlich schrieb er gar nicht, sondern saß meist mit verschränkten Armen auf seinem Stuhl und starrte auf seinen Computer.

Zuerst dachte ich, er sei ein Wissenschaftler, der hier forsche. Dann hörte ich ihn aber einmal in der Pause Schweizerisch reden – das war es dann mit dem Forscher aus den USA. Spätestens, als ich sah, dass er immer die neuesten Handys am Gürtel trug, hätte ich skeptisch werden müssen: So etwas deklassiert einen sofort. Jedenfalls war er einmal mit Lolita zusammen, und Lolita gehört zweifelsohne zu den interessantesten Menschen der Stabi. Zu sagen, sie kleide sich sexy, ist untertrieben. Ihre Oberteile tief ausgeschnitten, ihre Röcke im Sommer wie im Winter ziemlich kurz. Als eine Freundin sah, wie sie in High Heels durch die Stabi stöckelte, sagte sie, sie stake wie ein Storch im Salat. Das stimmt, aber ich könnte in den Dingern auch nicht laufen.

Wie lange Lolita und der Romanschreiber zusammen waren, weiß ich nicht, jedenfalls turtelten sie eine Weile auf der Balustrade herum. Inzwischen tun sie das nicht mehr. Dafür flirtete Lolita mit einem, der aussah wie Neil Gallagher, dann mit einem, der Platten verkaufte. Man könnte mir nun vorwerfen, ich sei nicht gegendert, da ich nur über das Äußere und die Flirts von Lolita schreibe. Deshalb sei folgendes erwähnt: Sie studiert irgendwas Naturwissenschaftliches.

KATHRIN KLETTE