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Archiv-Artikel

Hamburg holzt ab

BAUMSCHUTZ Hamburg sonnt sich im Ruf, eine „Green Capital“ zu sein. Mit den Bäumen an den Straßen, klagen nun Umweltschützer, werde aber wenig zimperlich umgegangen

Umweltschützer beklagen, dass die Stadt zu viele Bäume fällt und nicht ausreichend für Ersatz sorgt

VON LISA FRANKENBERGER

In Lokstedt sollen 30 gesunde Ahornbäume zugunsten einer Straßenverbreiterung gefällt werden. Die Anwohner der Emil-Andresen-Straße protestierten lauthals – bisher ohne Erfolg. Mit einer Unterschriftenaktion konnten sie nur einen Aufschub der Maßnahmen bis Januar erreichen.

Wie in Lokstedt wehren sich zurzeit eine ganze Reihe Bürgerinitiativen gegen die Fällungen von Bäumen in ihrer Nachbarschaft. Am 30. September hat die Fällsaison begonnen, bis 15. März darf noch abgeholzt werden. Auch Umweltschützer beklagen, dass die Stadt zu viele Bäume fällt und nicht ausreichend für Ersatz sorgt. In der letzten Fällperiode wurden 4.273 Straßenbäume gefällt und nur 1.766 gepflanzt. „Wir haben im Schnitt einen Verlust von 3.000 Bäumen jährlich“, sagt Peter Schmid vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Ein Verlust entstünde aber auch, wenn ausreichend nach gepflanzt würde. Denn ein ausgewachsener Baum spende mehr Lebensraum für Tiere und sorge für eine bessere Sauerstoffproduktion, als es ein junger Baum könne.

Gerhard Doobe, Baumexperte der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, räumt diesen Verlust ein. Momentan investiere man eher in die Rettung erkrankter alter Bäume statt in die Pflanzung neuer. Daraus resultierten die hohen Zahlen beim Baumverlust. „Das gebe ich zu und die Prügel dafür stecke ich auch gerne ein. Aber wir können nicht die alten Bäume zugunsten neuer Bäume sterben lassen“, erklärt Doobe. Vor einigen Jahren sei ein Sanierungsstau der Bäume bekannt geworden und man habe zusätzliche Mittel benötigt, um diesen zu beheben. Insgesamt würden durchschnittlich 6 Millionen Euro pro Jahr für den Baumschutz ausgeben. 230.440 Straßenbäume gibt es derzeit in Hamburg.

Grundsätzlich sieht Doobe Hamburg für den Baumschutz gut aufgestellt. Da sei die Schonzeit zwischen März und September. Weiterhin hat Hamburg als erste deutsche Stadt schon 1948 eine Baumschutzverordnung erlassen. Diese besagt, dass grundsätzlich alle Bäume und Hecken geschützt sind und nicht ohne Ausnahmegenehmigung gefällt werden dürfen.

„Die Genehmigungen werden aber sehr schnell erteilt“, kontert Peter Schmid. „Und die Grünausschüsse in den Bezirken bekommen die Fälllisten erst dann vorgelegt, wenn die Genehmigungen schon erteilt sind und keine Möglichkeit mehr besteht, die Fällung zu verhindern.“

Für das Jahr 2011 wurde Hamburg der Titel „European Green Capital“ verliehen. Einen Ruf, den man schnell verlieren könne, wenn man die Zeit bis 2011 nicht nutze, um den Baumschutz nachhaltig zu verbessern, sagt Schmid. Grundsätzlich dürften keine gesunden Bäume mehr gefällt werden, fordert der BUND. Schon gar nicht zugunsten irgendwelcher Baumaßnahmen.

Von Seiten der Stadt heißt es allerdings, auch ihr oberstes Ziel sei es, die Bäume zu erhalten. Nur leider sei es manchmal mit Straßenbauarbeiten oder Sanierungen unvereinbar.

Am 30. Oktober tagt der BUND über „Green vs. Capital“ im Rudolf-Steiner-Haus