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Raus aus der Blase: Fußball ist mehr als Bier

Fans sind nicht nur für die Stimmung verantwortlich, sondern bilden die Basis für das gesamte Fußballgeschäft

Die Reise soll weitergehen Foto: dpa

„Und was machst du so?“ – „Ich bin Fan von Eintracht Frankfurt.“ – „Fußball? Ah, okay“, gefolgt von einem Augenrollen, in Gedanken sieht man mich betrunken und grölend mit meinen Kumpels aus einer Bar taumeln. So in etwa ist das vorherrschende Bild von Fußballfans. Generalisierung, Pauschalisierung und Stigmatisierung führen dazu, dass negative Eindrücke Vorurteile schaffen, bestätigen und festigen. Genauso wie es falsch ist, dass alle Feministinnen „Alt-68er“ mit Dreadlocks und Achselhaaren sind, so gibt es auch unterschiedliche Fußballfans.

Im Stehblock treffe ich auf Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten: auf junge und alte Männer und Frauen, Banker, Junkies, Linke und Rechte. Betrete ich den Block, verlasse ich meine Blase. So kommt ein Austausch zustande, wie ich ihn sonst woanders kaum finde. Auch hier wird Bier getrunken, jedoch in Maßen, denn der Fokus liegt auf der Unterstützung der Mannschaft.

Die Aktivitäten der Fanszene in Frankfurt spiegelt ihre Heterogenität wider: tagelange Planung, Vorbereitung und Umsetzung von atemberaubenden Choreografien, Radiosendungen, Comiczeichner, die Organisation von Spenden für krebskranke Kinder und Drogenhilfen, bis hin zu Initiativen wie „United Colors of Frankfurt“, wo Vielfältigkeit hervorgehoben und erwünscht ist.

Diese Saison reise ich mit der Eintracht quer durch Europa, von Charkiw bis nach Lissabon. Vorfälle mit Pyrotechnik überschatteten das friedliche Verhalten der Mehrheit der Fans. Das Verbot von Pyrotechnik führt, ähnlich wie eine repressive Drogenpolitik, aber nur zu noch mehr Problemen. Es ist unmöglich, Pyro aus Stadien zu verbannen, daher muss ein anderer Umgang damit gefunden werden.

Als Fußballfan werde ich kategorisch als Verbrecher eingestuft, nur weil ich Pyrotechnik zünden könnte. Die Folgen sind Kontrollen, die sexuellen Übergriffen nahekommen, von Reiterstaffeln und Wasserwerfern gejagt zu werden, Innenminister, die ihr Ego über die Meinungsfreiheit stellen und mich ins Gefängnis stecken möchten.

Die grandiose Stimmung, für die die Stehblöcke sorgen, ist das Einzige, was deutsche Ligen anderen europäischen Ligen noch voraus hat. Dem DFB und der DFL scheint dies egal zu sein. Sie treffen, wie bei Montagsspielen, weiter ohne und gegen die Fans Entscheidungen. Über ein Pilotprojekt nach norwegischem Vorbild mit „kalter Pyrotechnik“ sollte diskutiert und der Dialog zwischen Fans und DFB wieder aufgenommen werden.

Welchen Wert Fans für den Sport darstellen, ist den Vereinen zumindest bewusst. Eintracht Frankfurt weiß, wie wichtig die Stimmung ist, für die wir im Stehblock sorgen. Es wird schwierig, Milliarden für TV-Rechte zu generieren, wenn es in den Stadien leise ist. Selbst die Uefa ist lernfähig – sie hat den drohenden Gästefanausschluss letzte Woche in Lissabon nicht durchgesetzt.

Man kann vom Fußball als Sport halten, was man möchte. Doch muss man sich bewusst werden, was er für seine Anhänger darstellt: ein großer und nicht wegzudenkender Teil seines oder ihres Lebens. Jeder möchte für sein Hobby und seine Einstellung zu bestimmten Themen respektiert werden. Fußballfans sind da keine Ausnahme.

Malte Fritsch

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