„Grüne“ Hoffnung für die Ostsee

Schwedens Schifffahrt setzt auf neue Antriebstechnik: Batterien, Segel, Methanol und Flüssiggas

Von Reinhard Wolff Stockholm

Ohne Dieselqualm über die Ostsee: Seit gut sechs Jahren transportiert die „Viking Grace“ täglich zweimal bis zu 2.800 Passagiere zwischen Stockholm und dem finnischen Turku hin und her. Das Fährschiff wird nicht mit Schweröl oder Schiffsdiesel angetrieben, sondern mit Flüssiggas (LNG). Bald wird dieser LNG-Pionier in der Ostseefährfahrt nicht mehr allein mit dieser Technik sein. Eine chinesische Werft baut ein noch größeres Schwesterschiff, das 2020 seinen Dienst aufnehmen soll. Undaußer von Flüssiggas wird es auch von Windkraft angetrieben werden: Es wird zwei Flettner-Rotoren erhalten. Die „Viking Grace“ war schon im letzten Jahr mit so einem Rotor­segel nachgerüstet worden, das den Treibstoffverbrauch um bis zu 10 Prozent senken kann.

Mit LNG angetriebene Fährschiffneubauten sollen beginnend ab kommendem Jahr auch zwischen Deutschland und Polen, Schweden, Finnland und Estland und zwischen dem schwedischen Festland und der Insel Gotland zum Einsatz kommen. Mit Methanol fährt bereits die „Stena Germanica“ zwischen Göteborg und Kiel, teilweise mit Batterien die „Stena Jutlandica“ zwischen Schweden und Dänemark, und ausschließlich mit Batterieantrieb pendeln die „Tycho Brahe“ und die „Aurora“ über den Öresund zwischen dem schwedischen Helsingborg und dem dänischen Helsingør.

„Wir sind stolz, dass die Reedereien so eine große Verantwortung für die Umwelt übernehmen“, sagt Jari Virtanen, Vorsitzender der schwedischen Passagierreedereien-Vereinigung. Für das Etappenziel 2030 peilt die Branche eine Reduktion des CO2-Ausstoßes von 70 Prozent an. Bis 2045 will die Schifffahrt des Landes dann „Netto-null-Treibhausgasemissionen“ erreicht haben.

2045 ist auch das Jahr, das sich die Regierung in Stockholm vor 2 Jahren mit einem damals verabschiedetem Klimagesetz als Zielmarke gesetzt hatte, diese „Netto-Null“ für das gesamte Land zu schaffen. Um die dafür erforderlichen klimapolitischen Weichen in allen gesellschaftlichen Sektoren rechtzeitig stellen zu können, wurde die Regierungsinitiative „Fossilfreies Schweden“ gegründet. Diese hat auch Grundzüge eines „Fahrplans“, wie Schwedens Schifffahrt „fossilfrei“ werden soll.

Zweifelsohne „eine Herausforderung“, meinen die Verfasser dieses Plans, aber durchaus machbar. Denn an technischen Lösungen fehle es nicht. Das Problem seien die Kosten. Die liegen für Schiffsneubauten mit neuen Antriebstechniken – jedenfalls jetzt noch – rund 10 Prozent über denen der bisher gebräuchlichen Technik. Ähnliches gilt für die Betriebskosten. Ohne staatliche Förderung und finanzielle Entlastung für die Reedereien werde die erforderliche Umstellung nicht ausreichend schnell erfolgen. Und man hat auch einen Vorschlag, wie die Finanzierung erfolgen soll: durch zielgerichtete Verwendung des Aufkommens aus der Kohlendioxidsteuer und den Aufbau eines Kohlendioxidfonds.