: Freier sollen Zwangsprostituierte melden
Anlaufstellen für Prostituierte wenden sich jetzt an Freier: Die Dortmunder Mitternachtsmission gibt Tipps, wie „Mann“ betroffene Frauen erkennen kann. Sie fordert die Bordellbesucher auf, den Anlaufstellen mögliche Opfer zu nennen
DORTMUND taz ■ Menschenhandel in die Prostitution ist ein schweres Verbrechen. Um betroffenen Frauen helfen zu können, sind Prostituierten-Anlaufstellen auch auf die Mithilfe von Freiern angewiesen. Gestern informierte die Dortmunder Mitternachtsmission, wie man mögliche Opfer erkennen kann. Es seien überwiegend Frauen aus Osteuropa und Afrika, die mit Versprechungen auf legale Arbeit nach Deutschland gelockt werden. „Unter Androhung von Gewalt zwingt man sie zur Prostitution“, sagt Andrea Hitzke von der Mitternachtsmission. Wöchentlich erhält die Anlaufstelle bis zu 30 Anfragen von Freiern, die wissen wollen, wie sie Opfer erkennen und ihnen helfen können. „Betroffene erzählen in der Regel nicht, dass sie unter Zwang arbeiten“, sagt Jutta Geißler-Hehlke von der Mitternachtsmission. Sie fürchten, von Menschenhändlern und Zuhältern bestraft zu werden. Sind keine Verletzungen oder Anzeichen von Gewalt sichtbar, seien Zwangsprostituierte nur schwer zu erkennen.
Oft gebe es aber andere Hinweise: „Man kann davon ausgehen, dass sehr junge Mädchen nicht freiwillig als Prostituierte arbeiten“, sagt Hitzke. Die Opfer wirken oft verängstigt und weinen. Sie erscheinen meist nicht professionell, zeigen großen Widerwillen und Ekel beim Sex. Außerdem dürften die Frauen weder auf den Gebrauch von Kondomen bestehen, noch bestimmte Praktiken oder Kunden ablehnen. „Manchmal arbeiten sie auch in überwachten oder verschlossenen Räumen“, so Hitzke.
In Nordrhein-Westfalen wurden 2003 rund 240 Frauen Opfer von Menschenhandel, die Dunkelziffer liegt laut Landeskriminalamt noch höher. Allein in Dortmund betreute die Mitternachtsmission im vergangenen Jahr 130 Betroffene, darunter 13 Minderjährige. Die Anlaufstelle geht davon aus, dass die meisten Freier die Situation der Opfer nicht ausnutzen wollen. Kunden könnten ihren Verdacht anonym bei der Polizei oder der Anlaufstelle melden. „Freikaufen sollten sie die Prostituierten nicht“, so Geißler-Hehlke. Es bestünde die Gefahr, dass die Zuhälter zwar Geld kassieren, aber die Frauen nicht gehen lassen. Hilfe für Opfer kommt auch von Dritten: 2004 wurde auf 60 Prozent der Fälle durch Ärzte, Passanten, Gastwirte und Nachbarn aufmerksam gemacht. Für den Fall, dass die Frauen kein Deutsch können, hat die Anlaufstelle eine Bröschüre entwickelt. In 12 Sprachen werden Betroffene über ihre Rechte informiert und erhalten Adressen von Anlaufstellen. GESA SCHÖLGENS