piwik no script img

Das kommt auchDer Anfang vom Ende einer Ära

Für viele ist der „Rote Rambo“ genannte Stegner ein rotes Tuch

Wer den Tag krachend starten will, folgt Ralf Stegner auf Twitter: Jeden Morgen gibt’s einen Musiktipp, am Freitag war es „La Grange“ von ZZ Top. Macht Laune, gefällt aber nicht jedem – dieses Motto passt auch zu Stegner selbst. An ihm kam über viele Jahre niemand vorbei in der SPD Schleswig-Holstein. Beim Landesparteitag am kommenden Wochenende tritt er nicht mehr für die Wahl zum Vorsitzenden an. Auch wenn er Fraktionsvorsitzender im Landtag und Bundesparteivize bleibt, ist es der Anfang vom Ende einer Ära.

Stegner war über Jahre ein prägender Kopf und ein Hoffnungsträger der SPD, nie um eine Meinung verlegen, verbal gern mit dem Säbel statt mit dem Florett unterwegs. Als Dauergast in Talkshows gehört der 58-Jährige zu den bekanntesten PolitkerInnen aus Schleswig-Holstein. Auch auf den sozialen Plattformen ist er seit Jahren meinungsstark vertreten und geht dort keinem Zoff auf dem Weg. Er hat nur ein Problem: Er gewinnt keine Wahlen.

Seit er 2007 den Vorsitz antrat, stellte die SPD nur einmal den Ministerpräsidenten – Torsten Albig, der bei einer Urabstimmung um den Kandidaten an Stegner vorbeigezogen war. Ohne Wahlsieg im Land musste Stegner schließlich auch die Ambitionen auf den SPD-Generalsekretärsposten begraben, die ihm immer nachgesagt wurden.

Stegner spaltet: Der ehemalige CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen, der eigentlich jeden umarmt, hasste seinen Innenminister Stegner nach zwei Jahren im Kabinett so sehr, dass er nicht mal mehr seinen Namen aussprechen mochte. Für viele Mitglieder anderer Parteien wie auch deren Abgeordnete ist der „Rote Rambo“ genannte Stegner ein rotes Tuch. Aber auch die eigene Partei und die Fraktion teilen sich in Stegner-Feinde und Fans. Letztere schätzen, dass Stegner für seine SPD – die er gern als „links, dickschädelig und frei“ bezeichnet – immer in die Bresche springt. Auch kann der Mann mit den stets etwas herabhängenden Mundwinkeln extrem witzig und selbstironisch sein, unter anderem bei seinen Kabarett-Auftritten beim politischen Aschermittwoch.

Zwölf Jahre war Stegner Chef der Landes-SPD. In diesen Tagen hat er noch viel zahlreiche Termine in der Funktion vor sich, besucht Ortsvereine und überreicht Orden an lang gediente GenossInnen. Am kommenden Wochenende gibt er das Amt ab – wahrscheinliche Nachfolgerin ist die Landtagsabgeordnete Serpil Midyatli.

Esther Geißlinger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen