Kito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um:
Ein Hybrid aus Raumschiff und Scheune ist auf dem Rosa-Luxemburg-Platz gelandet. Anlass ist das zwanzigjährige Bestehen von Starship, dem einflussreichen Berliner Kunstmagazin, dessen 18. Ausgabe in diesem Winter erschienen ist. Solch ein Anlass birgt gewöhnlich die Gefahr der Selbstbeweihräucherung und -historisierung, doch die Starship-Produzent*innen umschiffen diese Klippe elegant, indem sie diese Jubiläumsschau einfach „Die nahe Zukunft“ betitelt und in eine Sci-Fi-Erzählung eingebettet haben. Im Pavillon der Volksbühne gibt es großartige Kunst zu sehen, etwa acht Abzüge aus der ursprünglich 42-teiligen Serie mit Blumensprengungen aus den frühen Neunzigern von Annette Wehrmann (1961–2010), die Rekonstruktion der frühen Installation „Zimmerregen“ (1997) von Judith Hopf, einer Vorrichtung für Regen innerhalb geschlossener Räume, oder das Bild „Hunde von unten“ des Malers Gunter Reski, dessen Titel das Dargestellte gut trifft (bis 19. 5., Do.–Sa. 14–20 Uhr, Rosa-Luxemburg-Platz).
Hunde von vorn und von der Seite werden hingegen in der Galerie GNYP an der Knesebeckstraße gezeigt. Es handelt sich um psychodelische Pudel-Portraits die der New Yorker Künstler Susumu Kamijo mit expressiver Energie in Pastelltechnik auf großformatige Papierbögen bringt. Die Vorlagen für seine Bilder findet der Künstler im Netz oder in Hundezeitschriften. Mit seiner Strichel- und Linientechnik zerlegt Kamijo seine Vorlagen, um sie gleichzeitig in kräftigen Farben neu zusammenzusetzen. In der Pudelwelt von Kamijo spielen die Menschen scheinbar keine oder nur eine kleine Nebenrolle. Doch durch die Art der Präsentation wird das Tier vor allem in seiner kulturellen Überformung sichtbar. Wie geblendet steht man vor dieser stolzen und farbenprächtigen Pudelschar (bis 20. 4., Do.–Sa. 13–18 Uhr, Knesebeckstr. 96).
Die vielleicht berühmteste Arbeit von Urs Fischer ist ein zwölf mal neun Meter großes und zweieinhalb Meter tiefes Loch, das er vor Jahren in den Betonboden seiner damaligen New Yorker Galerie stemmen ließ. Er wollte damals „weniger als einen leeren Raum“ zeigen, erklärte der Künstler neulich in einem Interview, „deshalb musste ein großes Loch her“. Skalierungsfragen, Leere und Oberflächen beschäftigen ihn weiterhin. Das lässt zumindest „Sirens“, die halbherzig wirkende Berliner Doppelschau Fischers bei Max Hetzler mit übergroßen wie unterkühlten Collagen aus historischen Filmstar-Glamour-Shots einerseits und ulkiger Kleinplastik andererseits vermuten (bis 12. 4., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Bleibtreustr. 45 und Goethestr. 2/3).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen