„Wichtig, früher anzusetzen“

PREISTRÄGER Steffen Richter kämpft im sächsischen Pirna gegen Rechtsextremismus. Für sein Engagement erhielt er den Preis

taz: Herr Richter, erst einmal Glückwunsch! Was machen Sie mit dem Preisgeld?Steffen Richter: Das fließt vor allem in das „Alternative Kultur- und Bildungszentrum Akubiz“, das ich mitgegründet habe. Aber es gibt auch andere Projekte in der Sächsischen Schweiz, die ich unterstützen will. Glauben Sie, man kann Nazis umpolen? Was halten Sie von Aussteigerprogrammen? Ich glaube, die wichtigste Arbeit bleibt weiterhin, früher anzusetzen. Dass nämlich Jugendliche in die Strukturen von Nazis gar nicht erst reinkommen. Wir als Gesellschaft brauchen sicher Projekte, die sich mit rechten Jugendlichen beschäftigen. Aber ich glaube auch, dass es dafür momentan keine guten Konzepte gibt. Haben Sie eins? Nein, leider nicht. Ehrenamtlich ist das auch schwer zu machen. Man braucht Planungssicherheit, eine gesicherte Finanzierung. Und Leute, die wirklich gut ausgebildet sind. Gerade Helfer in Aussteigerprojekten verlässt manchmal die nötige Distanz. Es hieß auf der Bühne, Sie hätten mit 14 Jahren begonnen, sich zu engagieren. Gab es ein Schlüsselerlebnis? Das war der Religionsunterricht Anfang der Neunziger. Es ging um das Thema Gewalt gegen Ausländer. Und meine Mitschüler plapperten ihren Eltern nach: Die Ausländer würden unsere Schafe reißen und sie braten. Furchtbar. Unser Lehrer ist dann mit uns ins Asylbewerberheim nebenan gegangen. Wir haben die Zustände dort gesehen, den Schimmel und so, und haben die Behörden informiert. Im Glauben, die müssten nur Bescheid bekommen. Was dann passierte: Wir bekamen Zutrittsverbot fürs Heim – spielten aber einfach mit den Asylbewerbern draußen Fußball. INTERVIEW: EMS