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meinungsstark

„Keine politischen Gefangenen“

„Madrid in den Farben Kataloniens“, taz vom 18. 3. 19

Sehr geehrte Damen und Herren, in Spanien gibt es offensichtlich keine politischen Gefangenen. Kein katalanischer Politiker wurde aufgrund seiner Ideen verfolgt. Tagtäglich drücken sich Anführer der Unabhängigkeit – ebenso wie der Präsident der Regierung Kataloniens – frei in den Medien aus. Einige tun dies sogar aus der Haft. Prozessiert wird gegen diese Personen aufgrund der Begehung von Straftaten nach spanischem Strafgesetzbuch. Keine zwischenstaatliche Organisation mit Bezug auf Menschenrechte und keine NGO, die in diesem Bereich tätig ist, hat diese Personen als politische Gefangene oder Gefangene aus Gewissensgründen anerkannt, auch wenn sie die anhaltende Untersuchungshaft in Erwartung des bevorstehenden Gerichtsverfahrens (was auch in den Strafgesetzbüchern von anderen EU Ländern festgelegt wird) kritisiert haben. Die Separatisten sprechen über das „Recht auf Selbstbestimmung“, aber erwähnen nicht, dass die Spanische Verfassung von 1978 in einem Referendum mit einer Stimmenmehrheit von 88 Prozent angenommen wurde und dass mehr als 90 Prozent der Katalanen dafür stimmten. Sie erwähnen auch nicht, dass in Katalonien zwölf Mal freie Parlamentswahlen seit 1980 stattgefunden haben, wobei die Mehrheit der Katalanen nie für eine Politik der Sezession gestimmt hat. Spanien hat ein politisches System, das „Freedom House“ als eine vollständige Demokratie mit den höchsten Bewertungen in Bezug auf politische und bürgerliche Freiheiten und Rechte eingestuft hat. Darüber hinaus gehört Spanien zu den Ländern, die am seltensten zu Verstößen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt wurden. Hochachtungsvoll! Francisco Pascual de la Parte,

Generalkonsul des Königreichs Spanien, München

„Punktabzug in Gesamtbewertung“

„Zündeln mit der ‚Werte-Union‘, der ganz gemütliche MAD und die spröde Mesut-Özil-Konstruktion“, taz vom 18. 3. 19

Friedrich Küppersbusch ist Kriegsdienstverweigerer und hat den Zivildienst absolviert. Das ehrt ihn. Außerdem schreibt er einmal wöchentlich eine Kolumne in der taz. Auch gut. Dass er aber den rechtsextremen Bundeswehr-Offizier Franco A. vom Oberleutnant zum Oberstleutnant befördert, hat dieser nicht verdient! Zwischen diesen beiden Dienstgraden liegen drei entscheidende Stufen und ein entsprechender Gehaltsunterschied. Das nicht zu wissen, gibt Punktabzug in der Gesamtbewertung. Kriegsdienstverweigerung ist kein Grund, sich nicht um lästige Details im Militär zu kümmern.

Jürgen Fiege, Bremen

Die Nazis waren leider sehr modern

„Eine fast weiße Weste“, Kontext in der taz vom 16./17. 3. 19

Im interessanten Beitrag zum Haus auf der Alb in Bad Urach heißt es, die Nationalsozialisten hätten „bekanntlich für die Moderne nicht viel übrig“ gehabt. Das ist in dieser Pauschalisierung falsch, weil die Hitler-Partei auf dem Land oft deshalb weniger als in der Stadt gewählt wurde, weil sie den Leuten zu modern war. Sie ist aber auch dann falsch, wenn mit der „Moderne“ lediglich deren Kunst gemeint ist; so war Hitlers Lieblingsschrift die 1927 vom Bauhaus-nahen Paul Renner entworfene schnörkellose Futura. Das keineswegs uniforme oder homogene Verhältnis von Nazis zur Moderne zeigte eine Ausstellung des Württembergischen Kunstvereins in Stuttgart: Zwar beendeten die Nazis die Institution Bauhaus, nutzten aber ihr Erbe. So arbeitete der Gropius-Schüler und Autor eines Standardwerks zur Entwurfslehre, Ernst Neufert, ab 1938 mit Albert Speer zusammen. Herbert Bayer, 1925 bis 1928 Leiter der Werkstatt für Druck und Reklame am Bauhaus Dessau, war bis zu seiner Emigration in die USA 1938 unter anderem künstlerischer Leiter der Berliner Werbeagentur Dorland, der Vogue in Paris und freier Mitarbeiter der Zeitschrift die neue linie. Diese sollte dem neuen Reich ein dezidiert modernes Image geben. Den Nationalsozialismus als unmodern abzutun, behindert die Erkenntnis, dass menschenverachtende Politik auch sehr heutig daherkommen kann.

Ernst T. Mader, Blöcktach

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