piwik no script img

Ortstermin von Carlotta HartmannIn die Zukunft mit Station 17

Mit einem Jubiläumskonzert und illustren Gästen feierte die inklusive Band in Hamburg ihr 30. Jubiläum

Ungewöhnlich war eigentlich nur, dass zwischen all den Jungs eine Dolmetscherin mit auf der Bühne steht, die die Songs in Gebärdensprache übersetzt. Und vielleicht die vielen Menschen in Rollstühlen, die zum 30. Jubiläum der inklusiven Band ins fast barrierefreie Uebel und Gefährlich im Hamburger Feldstraßenbunker gekommen sind.

„Wer hat heut’ Geburtstag? Station 17!“, ruft Keyboarder Sebastian durch den gut gefüllten Saal. Im Publikum: Menschen, die Station 17 schon vor 30 Jahren gut fanden, aber auch Mittzwanziger, die die Band gerade erst für sich entdeckt haben dürften. Den runden Geburtstag feiern die Jungs – mit Liedern aus 30 Jahren Bandgeschichte und gleich zwei neuen Alben. Station 17 nimmt das Publikum auf wabernden Synthies und verzerrten Gitarren mit auf eine leicht psychedelische Traumreise, immer wieder unterbrochen von dumpfen Beats und krachendem Schlagzeug. „Jetzt wird’s technoid!“, ruft Sebastian, und das Publikum beginnt mitzustampfen. Sein Bandkollege Marc spielt abwechselnd Saxofon und singt. Mal erzählt er Geschichten, mal ist seine Stimme so verzerrt, dass sie die Synthies ersetzt.

So vielfältig wie die Besetzung, die über die Jahre stetig gewechselt ist, ist auch die Musik: Während die Musiker auf den ersten Alben mit Punk und Rock experimentierten, gibt es inzwischen auch den einen oder anderen lockeren Popsong von Station 17. Für „Kairo“ kommt Parija, die bis vor ein paar Jahren immer dabei war, auf die Bühne. „Ich will nach Kairo, bis nach Kairo“, singt sie. Heute Abend ist sie die einzige Frau, die Musik macht – momentan besteht die Band nur aus Männern.

Voll wird die Bühne, als die Hip-Hopper Fettes Brot dazukommem. „Ohne Regen kein Regenbogen“, singen sie, springen auf der Bühne herum und haben offensichtlich so viel Spaß wie die Geburtstagsband. Überhaupt: Spaß scheinen an diesem Abend alle zu haben. Laura strahlt und tanzt und übersetzt dabei neben Texten ganze Melodien.

Eine Sonderveranstaltung für Menschen mit Behinderung ist dieser Abend mitnichten. „Wir haben Musik gemacht und nur nebenbei gemerkt, dass wir das machen, was sich heute Inklusion nennt“, sagt Kai Boysen, der die Band 1989 als Zivildienstler in den Alsterdorfer Anstalten ins Leben gerufen hat. Und genau wie Station 17 ein Musik- und nur nebenbei ein Inklusionsprojekt ist, besteht auch das Publikum einfach aus Menschen, die die Rockstars sehen wollen.

„Vor allem feiern wir heute aber die Zukunft!“, sagt Kai Boysen, als er nach einer Zugabe auf die Bühne kommt. Und diese Zukunft fängt schon mal gut an: Während die anderen Bandmitglieder schon die Instrumente wegräumen, um Platz für den DJ zu machen, steht Marc noch am Mikrofon. „I’ve been looking for freedom“, singt er voller Inbrunst. Und der halbe Saal singt mit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen