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Archiv-Artikel

Walzer des Todes

BÖSE The Gebruder Grim setzen mit ihrem Debütalbum „Bamberg Apocalypse“ die religionskritische Tradition von Heavy Metal fort

Falls der Winter den Fehler begehen sollte, sich „Bamberg Apocalypse“ von The Gebruder Grim anzuhören, wird er es sich gut überlegen, ob er wirklich ein harter werden möchte

Es waren einmal drei nicht mehr ganz junge Männer. Die trugen die Ehrennamen Wolfman X, Tower und The Goat und lebten in der Hauptstadt des Landes. Dort spielten sie in verschiedenen Bands ohne allzu großen Erfolg. In einem besonders schlimmen Winter, als die Hauptstadt unter einer dicken Eisschicht begraben lag, fanden sich die drei Männer zusammen, um die Kälte mit Hilfe möglichst lauter Krachschlägerei zu vertreiben. Und von da an erhob sich ein mächtig beängstigender, grobschlächtiger Lärm.

Fröhliche Eiszeit

Nun, da eine neue Eiszeit droht, bringen The Gebruder Grim endlich ihr Debütalbum heraus. Falls der Winter den Fehler begehen sollte, sich „Bamberg Apocalypse“ anzuhören, wird er es sich anschließend allerdings zweimal überlegen, ob er wirklich ein harter werden möchte. Denn dieses Album ist eine Drohung: Bösartige Gitarrenriffs wälzen alles Leben nieder, das Schlagzeug emuliert ein Militärmanöver und der Bass wühlt sich tief in die Eingeweide der Hörer.

Nein, gute Laune macht diese Musik nicht. Aber tatsächlich sind die Gebruder Grim seit ihrer Gründung vor knapp drei Jahren nicht bloß eine Metal-Band, sondern moderne Märchenonkel. Bei ihnen geht es ähnlich blutig und drastisch zu wie bei ihren berühmten Namensvettern. „We Are The Dead“ heißen die Songs, „King Of The Graves“ oder „Waltz Of Death“. Geschrieben hat sie Berni „Wolfman X“ Mayer, der auch als Schriftsteller ähnliche Sujets bearbeitet: Anfang des Jahres hat der 38-Jährige, der früher als Chefredakteur der Onlineauftritte von MTV und VIVA arbeitete, seinen ersten Kriminalroman, „Mandels Büro“, heraus gebracht, im November folgt „Black Mandel“.

In ihrem zweiten Fall ermitteln die beiden Detektive Max Mandel und Sigi Singer in der norwegischen Black-Metal-Szene, die in den neunziger Jahren Schlagzeilen machte, als Kirchen brannten und Menschen starben, weil einzelne nicht mehr zwischen Kunst und Realität zu trennen verstanden.

Mayer, Schlagzeuger Lutz „Tower“ Dammermann und Bassist „The Goat“ Bishop allerdings orientieren sich nicht nur musikalisch eher an den Vorläufern des Black Metal, sondern betreiben ihr Geschäft auch mit entschieden mehr Humor als die skandinavischen Kollegen. Ihre schwer stampfenden Songs zitieren mal die avancierten Metal-Sonette der Prä-Mainstream-Metallica, verneigen sich dann vor den Klassikern des Genres wie Iron Maiden oder nehmen gerade so viel Tempo auf, um Motörhead zu überholen. Auch textlich verlassen die Gebruder niemals die eng gesteckten Genregrenzen, aber passen die Inhalte den aktuellen Umständen an: In „Wrecking Zone“ thematisiert Mayer eine aktuelle Apokalypse wie Fukushima, in „The Pain“ beschreibt er die Endzeitstimmung nach einem Burn-out. Die religionskritische Haltung, die The Gebruder Grim aufgreifen, hat im Metal Tradition: „We don‘t need no religion“, bellt Mayer in „Dammerung“, als hätte er bei den Aufnahmen schon prophetisch den Streit um den Mohammed-Film kommentieren wollen.

Früher schminkte sich das Trio, bevor es auf die Bühne ging. Auch das eine schöne Tradition im Metal, mittlerweile vertrauen sie auf die Macht der Musik. Die funktioniert vor allem dank der tiefergelegten Gitarren. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann dreschen die drei weiter glücklich auf ihre Instrumente ein. THOMAS WINKLER

■ The Gebruder Grim: „Bamberg Apocalypse“ (Brennerpassmusik/ Rough Trade)