: Freiheit fürs Feuerzeug
Pop und Freiheit gehen oft eine verschlungene, nicht immer eindeutige Beziehung ein. Selbst in Gesellschaften, die als freiheitlich gelten, erwecken die Verlautbarungen von Künstlern manchmal den Eindruck, als sei es um diesen zentralen Wert der westlichen Kultur nicht zum Besten bestellt.
Nicht weniger interessant ist dabei, in welcher Form die Musiker ihrem Freiheitsbedürfnis Ausdruck verleihen. Die Klänge selbst transportieren oft klarere Botschaften als der Text allein. „Freedom – give it to me!“ forderte etwa Jimi Hendrix in einem Song, womit er deutlich auf einen Mangel an Selbstbestimmungsmöglichkeiten hinwies. Seine Forderung unterstrich er mit aggressiven Gitarrenriffs.
Kris Kristofferson hingegen gab in „Me and Bobby McGee“ nüchtern zu Protokoll: „Freedom’s just another word for nothin’ left to lose“. Die Freiheit ist bei ihm um den Preis des Verlusts jeglicher Perspektive und Sicherheit erkauft. Janis Joplin singt die Ballade zunächst resignativ-verhalten, steigert sich dann aber allmählich in einen triumphalen Kraftausbruch. Am Ende siegt, scheint es, der Mut über die Verzweiflung.
Einen anderen Verlust besingen Devo in „Freedom of Choice“. Den Konsumenten sind ihre Entscheidungsmöglichkeiten im Warenüberangebot abhandengekommen. Statt „freedom of choice“ wollen sie bloß noch „freedrom from choice“, die Freiheit, nicht wählen zu müssen. Die Ambivalenz dieser Alternative unterstreicht die New Wave-Band mit zackigem Marschrhythmus. Wobei man einwenden könnte, dass Freiheit immer eine erzwungene Wahl ist.
George Michaels „Freedom“ hat mit anderen Wahlmöglichkeiten zu tun. In seiner Abrechnung mit dem Musikgeschäft verkündet er, nicht mehr alles mitmachen zu wollen. Diese Selbstverwirklichungsgeste aus privilegierter Position wird lustvoll zelebriert, mit Rhythmen, die alle auf der Tanzfläche umarmen, auch wenn die Ansage lautet: „Now I’m gonna get myself happy“ – nach seinen Regeln.
So richtig traurig geht es allein bei Marius Müller-Westernhagen zu. Die „Freiheit“ wird bei ihm als fehlende beklagt, als „das Einzige, was zählt“ beschworen. Das war zwar 1989, doch an einen Fall der Mauer hatte Westernhagen beim Schreiben gar nicht gedacht. Hört man sich die Sache dann in der beliebten Live-Version an, muss man sich aber fragen, ob die apathisch mitmurmelnden Zuhörer eigentlich wissen, wovon genau die Rede ist. Ein selbstbewusstes Freiheitsbekenntnis klingt anders. Hauptsache, man kann dazu sein Feuerzeug erheben. TIM CASPAR BOEHME
■ Westernhagen: O2 World, Sonntag, 20 Uhr. Ab 54 Euro