Kühl oder kalt?

VERDRÄNGUNG Berlins Freiräume schwinden

Auch wenn Berlin in aller Welt wie gehabt als „City of Cool“ gilt und gerade die hiesige Musikszene vielfältig und lebendig ist, gibt es zugleich zahlreiche – vor allem auch: unkommerzielle – Projekte, die in ihrer Existenz bedroht sind. Eher kalt als „cool“ wird von diesen die allgemeine Stimmung in der Stadt empfunden.

In Prenzlauer Berg und Mitte ist der Verdrängungsdruck wohl am größten. Während das Tacheles bereits schließen musste, konnte das Aus des Schokoladens gerade noch abgewendet werden – die Ackerstr. 169 wird an die Schweizer Stiftung Edith Maryon verkauft, welche es wiederum in Erbpacht an den Schokoladen e. V. weitergeben soll. Akut gefährdet sind weiter der Jugendklub Kirche von unten KVU und das linke Hausprojekt Linie 206.

Für den Erhalt dieser Projekte und gegen Verdrängung und den Ausverkauf der Stadt zieht heute ab 16 Uhr unter dem Motto „Mittendrin statt außen vor“ eine „Wir bleiben alle!“-Demo vom U-Bahnhof Eberswalder Straße durch Prenzlauer Berg und Mitte. In dem Aufruf zahlreicher Initiativen heißt es: „Berlin ist kalt geworden. An die Stelle sozialer und kultureller Freiräume ist die Verwertung der Stadt getreten.“

Der Umzug soll nach Kreuzberger Vorbild eine „Krachdemo“ werden – mit allen erdenklichen Gerätschaften Lärm zu machen ist also erwünscht. In Kreuzberg haben sich die Krachdemos schon als neue Protestform gegen Mietsteigerungen und Verdrängung am Kottbusser Tor und Umgebung etabliert.

Doch nicht nur in SO 36, sondern auch in Friedrichshain geraten alternative Klubs und Projekte zunehmend in Schwierigkeiten. So ist weiterhin ungewiss, ob die Nutzer des RAW-Tempel e. V. langfristige Mietverträge von ihrem neuen Eigentümer erhalten werden. OS