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Susanne Messmer erinnert sich an ihre Kinderwinter Das ist doch Schnee von gestern!

Das Kind, fünf Jahre alt, kann sich nicht entsinnen, wann es das letzte Mal auf einem Schlitten saß. Letztes Jahr, als in Berlin kurz Schnee lag, waren wir bei den Großeltern. Da gab es keinen. Vorletztes Jahr? Mal überlegen. Eher kaum. Wir haben schon bei Ski fahrenden Bekannten angeklopft, ob sie mit uns drei Tage ins Riesengebirge fahren würden, weil wir keine Ahnung haben, wie das alles funktionieren soll mit diesen kulturellen Vereinbarungen, den mechanischen Vorrichtungen etwa, die einen angeblich mühelos auf den Berg bringen. Was, wenn die Kinder auf einmal auf sogenannte Snowboards wollen?

Gestern Morgen hat es mal wieder kurz geschneit. Das Kind hat das Haus seit Oktober freiwillig zweimal verlassen. Nun war es auf einmal weg. Ich habe es durchs Fenster beobachtet. Es hatte sich wie selbstverständlich den Schneeanzug und Handschuhe angezogen. Es legte den Kopf weit zurück und ließ sich die Flocken auf der Zunge zergehen. Dann fuhr es mit den Händen über die Kühlerhauben der geparkten Autos, bis endlich etwas Schnee verklumpte, und schob sich das Ergebnis in den Mund. War das was Genetisches, oder doch die Spur einer Erinnerung? Warum schmeckt Schnee eigentlich total anders als Wasser? Und gab es früher wirklich mehr Schnee?

Heute, wo dieser Text in der Zeitung steht, ist es wieder so warm, dass man den Schnee von gestern vergessen kann. Aber immerhin erinnert sich das Kind jetzt wieder, dass Schnee anders schmeckt als Wasser. Und es besteht ja auch Hoffnung: Schon für Dienstag ist der nächste Schnee angekündigt. Vielleicht wird es ja doch noch Winter in Berlin, so wie früher, mit Schneeengeln und Schneemännern und Rodeln und so. Und wir kommen noch einmal ums Riesengebirge herum.

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