: taz-Thema der Woche
Film und Karikaturen provozieren Muslime
Große Sorge
■ betr.: „Muslime über Verbot uneins“, taz vom 18. 9. 12
Mir macht der immer stärker werdende Fundamentalismus der abrahamischen Religionen große Sorge und ich habe auch Angst vor diesen selbsternannten Vollstreckern des göttlichen Willens auf Erden! Viele sagen, ihnen wäre das Durcheinander in der Politik zu viel und sie hätten davon genug. Mir geht es mit Religion so und den ganzen irdischen Vertretern, von denen jeder glaubt, es am besten zu wissen! Armut, Krieg, Umweltzerstörung: Man könnte wegen vielen Dingen Revolution machen, und über was reden wir hier!? Ich kann nur hoffen, ein Gott lacht sich kaputt über uns!
MARKUS MEISTER, Kassel
Verletzung
■ betr.: „Soll man diesen Film zeigen?“, taz 13. 9. 12
Na ja, es sollte ja in erster Linie nicht darum gehen, ob es aufklärerisch ist, den Film zu zeigen und was das bei längst verrohten FanatikerInnen anrichten könnte. Es geht auch um die ständige Wiederholung der Verletzung. Es geht um die, die mit dieser Berichterstattung auch verletzt werden und zusätzlich zu den Opfern zu Opfern gemacht werden. Deswegen ist eine Verbreitung schädlich, wie es auch richtig ist, antisemitische Nazipropaganda zu verbieten und den Nachfahren der ermordeten deutschen Juden nicht immer wieder eine Retraumatisierung zuzumuten.
SAKINE SUBASI-PILTZ, taz.de
Kulturen entfremden sich
■ betr.: „Soll man diesen Film zeigen?“, taz vom 13. 9. 12
Solche Filme sind natürlich eine böse Provokation. Sie sollen die Moslems als eine Bedrohung für die Allgemeinheit darstellen und ihren Wert als Kultur unterminieren. Einmal bloßgestellt, lassen sie sich dann besser bekämpfen. Dabei kalkulieren die Urheber gerade die archaische Protestwut der Demonstranten mit ein, um durch die dadurch hervorgerufenen Morde Befürworter ihrer Thesen zu finden. Die Araber gehen den Aufwieglern so voll auf den Leim und die Kulturen entfremden sich. Es wäre gut, wenn Araber Verleumdung mit Protest, Gegenverleumdung oder Gerichtsprozessen begegnen würden, aber niemals zur mörderischer Gewalt sich verleiten ließen. Denn damit ist der kulturelle Diskurs verlassen und die Bankrotterklärung der Angegriffenen unterschrieben. TARUS, taz.de
Es wäre ein schönes Zeichen
■ betr.: „Mohammed als Brigitte Bardot“, taz vom 20. 9. 12
Angeblich geht es dabei um Meinungsfreiheit, die zweifellos ein hohes Gut ist, und so verbietet ja Frankreich auch nicht diese Veröffentlichungen. Aber ich denke da an Apostel Paulus, der geschrieben hat: „Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.“ (1. Korinther 10, 23) Daran sollte man sich halten.
Es wäre ein schönes Zeichen, wenn sich führende Vertreter beider großen Kirchen, der Muslime, der Juden und anderer Religionen, aber auch der Freidenker und Humanisten in einer gemeinsamen Erklärung von solchen Provokationen distanzieren, sich gegen Fremdenfeindlichkeit und Fanatismus wenden und für ein friedliches und tolerantes Miteinander von Kulturen und Religionen aussprechen. JOACHIM FISCHER, Bremen
Und siehe da
■ betr.: „Muslime über Verbot uneins“, taz vom 18. 9. 12
Wie wäre es mit folgender Verschwörungstheorie:
Um von ihren „Pussy Riot“-Rechtsbrüchen abzulenken, lancierten die sich immer wieder auf persönlich-emotionale Ebene begebenden russischen Despotenkreise jenes Video, um dann mit großem Finger darauf zu zeigen, „seht, auch Religionsverunglimpfung!“, wie bei ihrem damaligen Beginn tschetschenisch-usbekischer Terroristenanschläge, da war auch jeder Rechtsbruch legal, – sind ja Terroristen und die USA machen’s genauso mit ihrer „Achse des Bösen“.
Und siehe da, schon wird in Deutschland über Rechtsverschärfung bei Anfeindungen von Religionssymboliken/-praktiken etc. polemisiert.
HENDRIK FLÖTING, Berlin
Nicht alle Muslime sind so
■ betr.: „Ohnmacht über das Eigene“, taz vom 17. 9. 12
Respekt! Mal ein vorurteilsfreier Kommentar, der sich nicht einfach auf die Taten ein paar weniger Radikaler stürzt, um damit ein Vorurteil über eine ganze Religion zu schüren und zu begründen. Der Vorsitzende des Obersten Rates der Religionsgelehrten sagte beispielsweise: „Wer seinem Zorn nachgebe, mache sich zum Erfüllungsgehilfen der Urheber des Videos.“
In den Medien wird gerade durch die einseitige Darstellung der Eindruck erweckt, dass alle Islamisten unkontrollierbare Gewalttäter sind, die nun gegen die westliche Welt aufmarschieren. Eine neutrale Berichterstattung ist das bei Weitem nicht, obwohl alle(!) Menschen eine neutrale Berichterstattung verdient hätten.
Der Artikel von Karim El-Gawhary ist jedenfalls nicht so einseitig, wie das in der Boulevard-Presse (und auch teilweise in sogenannten „niveauvollen“ Blättern wie Süddeutsche, etc.) oft dargestellt wird.
Respekt! Nicht alle Muslime sind so, nur weil ein paar Irre gerade durchdrehen! Das sollte man nicht vergessen!
Ich bin übrigens kein Moslem.
GUY FAWKES, taz.de
Sonderregelungen gibt es nicht
■ betr.: „Verbotsdebatte über geplante Kinoshow von Hassvideo“, taz vom 20. 9. 12
So weit kommt es noch, dass wir irgendeinen wirklich blöden Film verbieten. Der entlarvt seine Stupidität doch aus sich heraus. Wir haben uns die Freiheit, Gott einen alten Trottel schimpfen zu dürfen oder ihn nackt am Kreuz mit erigiertem Penis abzubilden, wahrlich teuer erkauft und haben das Aufklärung genannt. Die aber gilt nicht nur für Jesus Christus, die gilt für jeden anderen Glaubensübermacker genauso. Sonderregelungen gibt es nicht. Schon gar nicht wenn sie uns Gewalt androhen. Sonst haben wir morgen ein Land ohne Grundrechte und dürfen nicht mehr unbeschnitten zum FKK. Wenn sie uns Gewalt androhen, sperren wir sie ein. Nein nicht in Guantanamo, in ein Gefängnis. Wie jeden anderen Verbrecher. Demokratie ist eben auch Mut, nicht Schwanz einziehen beim geringsten Widerstand. Also: nicht den Film verbieten, sondern diese rechten Hetzer von „pro Deutschland“. MICHAEL MARESCH, München
Die Antworten verwundern
■ betr.: „Muslime über Verbot uneins“, taz vom 14. 9. 12
Soll der Mohammed-Film verboten werden? Eine gute Frage! Besser jedoch: „Ist der Mohammed-Film durch die Meinungsfreiheit geschützt?“ Da verwundern die Antworten doch sehr.
Denn die Befürworter berufen sich auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Artikel 5 Grundgesetz). Dabei unterschlagen sie Absatz 2. Denn der schränkt das Recht auf Meinungsfreiheit klar ein, unter anderem mit dem „Recht der persönlichen Ehre“. In Deutschland darf darum nicht einmal ein Polizist straflos geduzt oder „Bulle“ genannt werden. Jeder Amateur im Offenen Kanal weiß das. Denn er muss mit einer schriftlichen Erklärung die Anstalt Öffentlichen Rechts von etwaigen Folgen freistellen. Wissen das die Profis in Medien und Politik etwa nicht?
Mehr als das Video empört die islamische Welt wohl die Doppelzüngigkeit und Scheinheiligkeit, mit der die „zivilisierte“ Welt hier scheinbar ihre „Freiheit“ verteidigt. Nicht nur Artikel 5, auch Artikel 1 des Grundgesetzes schränkt unsere Freiheit eindeutig ein. Demnach ist die Würde des Menschen unantastbar. Und diese zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das gilt für alle in unserem Land – nur nicht für Muslime? Darf deren Würde und persönliche Ehre unter dem Schutz staatlicher Gewalt heimtückisch angetastet werden? In einem Staat, der die Menschenrechte als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt anerkennt und beachtet, sicher nicht. MAGRET BONIN, Bad Segeberg
Keine Kapitulation vor Gewalt
■ betr.: „Verbot ohne Gesetz“, taz vom 19. 9. 12
Der wirkliche Skandal ist, dass das Gesetz ein Verbot davon abhängig macht, ob der öffentliche Friede durch eine Vorführung gefährdet würde. Das ist eine Kapitulation vor der Gewalt(androhung), der Staat verzichtet auf sein Gewaltmonopol.
Ich kann also mir nicht genehme Meinungen und Überzeugungen aus dem öffentlichen Raum verbannen, wenn ich androhe, auf diese mit Gewalt zu reagieren und so den öffentlichen Frieden zu stören.
Und im übrigen sollten die Politiker nicht zu großes Verständnis für verletzte religiöse Gefühle signalisieren. Es wäre viel sinnvoller, die Muslime in unserem Land aufzufordern, sich nicht durch Idioten provozieren zu lassen. Es gibt doch ein schönes arabisches Sprichwort: Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter.
CORNELIA HOLTMANN, taz.de
Zensur ist Teil des Problems
■ betr.: „Gehört das zensiert?“, taz vom 19. 9. 12
Nein. Zensur ist niemals eine Lösung, sie ist Teil des Problems. Gleichwohl: Etwas mehr Taktgefühl im Umgang mit dem kulturell Anderen, insbesondere seitens der Massenmedien, wäre oft sicher wünschenswert. Man kann aber Geschmack und Taktgefühl nun einmal nicht kaufen und schon gar nicht erzwingen. Ein robuster Sinn für Humor dagegen ist unabdingbar in einer pluralistischen Gesellschaft. Vielen konservativen Muslimen fehlt es leider an Humor. Sie könnten doch einfach drüberstehen, das muss sie doch gar nicht kratzen. Und wenn dann so ein Cartoon für den/die Gläubige/n Blasphemie ist, dann wird Gott, wenn’s ihn denn gibt, das schon alleine regeln. Dafür braucht er doch uns kleine Menschenkinder nicht. Ich würde mir wünschen, das wir bald alle ein für allemal über solchem Quatsch drüberstehen. Zensur hat noch nie in der Geschichte zu mehr Einigkeit oder mehr Verständnis oder je zu irgendwas gutem geführt. Der Diktator, der allen den Mund verbietet, kann bald nur noch sich selbst zuhören. JOJO, taz.de
Instinktlos
■ betr.: „Gehört das zensiert?“, taz vom 19. 9. 12
Es geht nicht um den Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit, sondern um die instinktlose Provokation zu einem Zeitpunkt, da sowieso schon überall in der arabischen Welt die Straßen von Leichen gesäumt sind. Soll sich dafür etwa Pressefreiheit lohnen? Ziehen Sie die Bilder zurück, weil radikale Muslime ohnehin nicht diskussionsbereit sind bzw. „belehrbar“ im Sinne westlichen Rechtsempfindens. Wir sollten diese Menschen nicht ausgerechnet jetzt zu westlich denkenden Demokraten umerziehen wollen . KLAUS K, taz.de
Ziemlich platt
■ betr.: „Gehört das zensiert?“, taz vom 19. 9. 12
Wenn man schon Mohammed-Karikaturen drucken will, sollten sie wenigstens witzig sein … Finde es – unabhängig von der Islam-Thematik – ziemlich platt. Es scheint nicht so, als hätten die Autoren/Zeichner brillante Ideen gehabt, die sie unbedingt veröffentlichen wollten, sondern eher, als ob sie sich etwas aus den Fingern gesaugt haben, um überhaupt solche Karikaturen kreieren zu können. Vielleicht geht mir aber auch einfach der französische Humor ab. Bleibe daher lieber bei Titanic und Krokodil … MKDON, taz.de
Ein von Muslimen als blasphemisch empfundener Film hat in der vorigen Woche weltweite Aufmerksamkeit und wütende Proteste in islamischen Ländern ausgelöst, in deren Folge US-Botschafter Chris Stevens und drei Mitarbeiter bei einem Angriff wütender Demonstranten auf die US-Botschaft in Bengasi, Libyen getötet werden.
In Deutschland wollen Rechtspopulisten den umstrittenen Film zeigen. Regierung und Islamverbände möchten die Vorführung verhindern, liberale Muslime sind gegen ein Verbot. Inmitten des Aufruhrs und der Diskussionen druckt die französische Satirezeitung Charlie Hebdo Mohammed-Karikaturen ab.
In arabischen Ländern werden indes die Stimmen gegen islamistische Hardliner lauter. In Bengasi distanzieren sich Menschen vom Mord an US-Botschafter Stevens und in Ägypten verurteilen konservative Autoritäten klar die Gewalt.