: Elfenbeinküste: Generäle blasen zum Putsch
Hohe Militärs werfen Präsident Gbagbo Terror vor und rufen zu seinem Sturz auf, um den Frieden zu retten
BERLIN taz ■ Ein Militärputsch in der Elfenbeinküste gegen Präsident Laurent Gbagbo wird immer wahrscheinlicher, seit der ehemalige Armeechef Mathias Doué Ende letzter Woche offen zu dessen Sturz aufrief. Ziel eines Putsches wäre, in der seit 2002 zwischen Regierung und Rebellen geteilten Elfenbeinküste die Bedingungen für freie Wahlen zu schaffen. Denn der Friedensprozess dort ist derzeit blockiert.
„Gbagbos Abgang ist die einzige Bedingung für Frieden in der Elfenbeinküste“, sagte General Doué am Samstag dem französischen RFI-Rundfunk. „Wenn die internationale Gemeinschaft ihn nicht sanft zum Gehen bringt, werde ich es mit allen Mitteln tun.“ Am Vortag hatten die Zeitungen der Elfenbeinküste einen offenen Brief Doués an Gbagbo veröffentlicht, in dem der General dem Staatschef „Terror, Drohungen und Morde“ vorwarf und drohte: „In einigen Tagen kehre ich in die Elfenbeinküste zurück, um meinen Platz im Kampf einzunehmen. Es ist nie zu spät, etwas zu unternehmen.“
Doué war Generalstabschef der ivorischen Armee von 2000 bis nach der von Frankreich gewaltsam gestoppten Militäroffensive der Regierung gegen die Rebellen im Norden der Elfenbeinküste im November 2004. Danach wurde er entlassen und mit einem antifranzösischen Hardliner ersetzt. Er gilt bei den einfachen Soldaten als beliebtester ivorischer General. Als 2002 bewaffnete Rebellen den Kampf gegen Gbagbo aufnahmen, war Doué noch der herausragendste loyale Militärführer. Neben ihm war das bekannteste Gesicht der Armee damals Oberstleutnant Jules Yao Yao, Sprecher des Militärs und täglich im Fernsehen präsent. Aber auch er hat sich von Gbagbo abgesetzt. Anfang August nannte er öffentlich die Namen der Führer von Todesschwadronen im Umfeld des Präsidenten und warf Gbagbo vor, seine Macht in einem „Meer von Blut“ auszuüben.
Doué und Yao Yao sagen beide, mit den theoretisch für Oktober geplanten Wahlen werde die Krise der Elfenbeinküste sich noch verschärfen, wenn bis dahin nicht Frieden und Rechtsstaatlichkeit im Land einkehren. Ihre rhetorische Offensive kommt zu einer Zeit, wo die internationalen Friedensbemühungen für die Elfenbeinküste erneut ins Stocken geraten sind. Ende dieser Woche soll Südafrikas Präsident Thabo Mbeki als aktueller Friedensvermittler dem UN-Sicherheitsrat gezielte Sanktionen gegen ivorische Politiker vorschlagen. Letzte Woche protestierte die UN-Mission im Land erstmals öffentlich gegen ständige Behinderungen und Angriffe durch Gbagbo-treue „patriotische“ Milizen.
Die extremistischen „Patrioten“ sind nun die letzte Machtbasis des Präsidenten – vor allem wenn Doués Appell bei der regulären Armee auf fruchtbaren Boden fallen sollte. Am Samstagabend, nach Ausstrahlung von Doués RFI-Interview, herrschte schon Kriegsstimmung in Abidjan: Soldaten schossen in die Luft oder rannten weg, als sie Kanonendonner hörten. Erst später stellte sich heraus, dass es sich um Feuerwerke zur 10. Jubiläumsfeier der Geldüberweisungsfirma „Western Union“ handelte.
Gestern rief der Chef der „patriotischen“ Milizen, Charles Blé Goudé, in Abidjan zur Generalmobilmachung auf. Er und andere Ivorer werfen Doué und Yao Yao vor, mit den Rebellen im Norden sowie Frankreich unter einer Decke zu stecken. Die Generäle sollen sich Korhogo im nordivorischen Rebellengebiet aufhalten. Seinen Putschappell lancierte Doué angeblich aus der Zentralafrikanischen Republik. Der dortige Staatschef François Bozizé stürzte im März 2003 am Höhepunkt eines Bürgerkrieges den gewählten Präsidenten. Zuvor war er als Generalstabschef entlassen worden. Seither hat er das Land leidlich befriedet und wird von Frankreich unterstützt.
DOMINIC JOHNSON