AUF DER CASTINGALLEE : Dash, Michael, Guido
Weil bei Mo geschlossene Gesellschaft war und er weder bei Bärbel anklingeln noch Barhocker an Barhocker mit Joachim Lottmann und Maxim Biller in dessen Büroaußenstelle Ecke Zionskirchstraße abhängen wollte, musste Joe sich was einfallen lassen. Nur schnell etwas trinken, dachte er, nur dringend schnell drei Bier und dann is gut. Alle zusammen hatten sie vorhin in der Galerie der allerersten Begegnung mit Dashiell in einem Kellerloch in der Lower East Side vor vier Jahren gedacht, nachdem Biene beim Aufräumen eine von Dashs Heroin-und-Sperma-Collagen in die Hände gefallen war. In seinem Verlies in der Bowery hatte Dash die Klingel aus der Wand gerissen, sein Handy hatte er im East River versenkt.
Man musste schon jemand kennen, der jemand kannte, der Dash kannte und zufällig wusste, wo er sich gerade rumtrieb. Und wenn man Glück hatte, war er gerade sauber und man konnte mit ihm sprechen. Aber das war eigentlich nie der Fall.
Und jetzt war Dash schon ein Vierteljahr tot. Stellt euch das mal vor, hatte Manni gesagt, Dashs Uroma Dominique de Ménil aus dem Schlumberger Clan hat den alten Nathan Wildenstein noch gekannt, und Biene hatte versonnen das verkrustete Sperma gestreichelt. Joey hätte fast losgeheult.
Ging es nicht wieder bloß um entsetzliche menschenleere Stunden, um Erniedrigung und Beleidigung und den ewigen Kampf um Anerkennung, genau wie bei Michael Jackson, Guido Westerwelle und Jesus?
Als Joey die Castingallee erreichte und die Turmspitze der Zionskirche sah, dachte er, dass es doch lustig war, das Maxim Biller hier am Zionskirchplatz wohnte. Und dann fiel ihm ein, wie die zwei Blondinen mit leichter Segelbräune aus der Billerbar kommen, und die eine sagt, das da ist die Zionskirche, und ihre Freundin fragt: Ist das eine jüdische Kirche?
SASCHA JOSUWEIT