: WASG-Dissidenten geben noch nicht auf
Ankündigung von Ausschlussverfahren gegen drei Aktivisten des „Leverkusener Kreises“ diszipliniert den Widerstand innerhalb der Wahlalternative nicht. Dissidenten kämpfen weiter. Justiz prüft Vorwürfe der WASG-Opposition
DÜSSELDORF taz ■ Trotz der Einleitung parteirechtlicher Schritte durch die WASG-Landesführung macht die Opposition innerhalb der NRW-Wahlalternative weiter. Am Dienstag hatte der Landesvorstand der WASG die Einleitung von Parteiordnungsverfahren gegen Merav Blumenthal-Atak, Matthias Fiege und Markus Schlegel – allesamt Aktivisten im PDS-kritischen „Leverkusener Kreis“ – beantragt (taz berichtete). Über einen Ausschluss der drei „Leverkusener“ wegen parteischädigenden Verhaltens entscheidet eine Schiedskommission. Innerhalb des Vorstandes gab es Vorbehalte gegen das harte Vorgehen. Zumindest ein Mitglied des Gremiums stimmte gegen den Beschluss.
Er werde die WASG nicht verlassen, sagte Matthias Fiege. Ihm wird vorgeworfen, eine Konkurrenzorganisation von der WASG abzuspalten. Die Vorbereitungen für eine neue Partei seien nur als „Plan B“ gedacht, falls sich die WASG als nicht reformierbar erweisen sollte, so Fiege. Die Argumentation des Vorstands sei ohnehin nicht schlüssig, da die WASG ansonsten Doppelmitgliedschaften – etwa mit der Linkspartei.PDS – ausdrücklich begrüße. „Da findet eine Hexenjagd statt“, sagte Markus Schlegel, ein weiterer „Angeklagter“, zur taz. Er werde nicht kampflos das Feld räumen. Der 40-Jährige aus Mettmann gilt dem Vorstand „als zentrale öffentlich agierende Person des Kreises“.
Schlegel habe „durch gezielte falsche Behauptungen Vorstandsmitglieder der WASG NRW krimineller Handlungen bezichtigt“, so der Vorwurf. Zudem habe er „die Landesliste der Linkspartei einen Tag vor der Entscheidung über ihre Zulassung als manipuliert bezeichnet, um damit die Zulassung durch den Landeswahlausschuss zu verhindern“, heißt es in einem Brief des WASG-Landesvorstands an die Parteimitglieder. Die Linkspartei.PDS-Wahlliste war am vergangenen Freitag vom NRW-Wahlausschuss genehmigt worden, obwohl einige Juristen darin eine illegale Listenverbindung zwischen PDS und WASG sehen. Schlegel hatte letzte Woche in einem taz-Interview mit Bezug auf die Linkspartei-Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl gesagt: „Die Listenarithmetik stand von vornherein fest.“ Zudem hatte der Leverkusener Zirkel das Finanzgebaren des früheren WASG-Landeschefs Hüseyin Aydin kritisiert. In einem Schreiben wurde dem jetzigen Linkspartei-Bundestagskandidaten vorgeworfen, in seiner früheren Funktion eigenmächtig und rechtswidrig einen auf 63.000 Euro dotierten Agenturvertrag unterschrieben zu haben.
Die dritte Dissidentin Merav Blumenthal-Atak will sich ebenfalls gegen einen Parteiausschluss wehren. „Ich bin doch lediglich meiner staatsbürgerlichen Pflicht nachgekommen“, sagte sie. In einem Fax an den Staatsschutz, das der taz vorliegt, hatte sie auf finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der WASG-NRW hingewiesen. „Uns sind Unterlagen zugegangen, die derzeit von der politischen Abteilung geprüft werden“, sagte ein Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft gestern auf Anfrage. Mit einem Ergebnis sei in den nächsten Tagen zu rechnen.
Genüsslich registriert die Konkurrenz die Auseinandersetzungen bei der WASG. „Bei der so genannten Wahlalternative in NRW sind erste Auflösungserscheinungen unübersehbar“, sagte SPD-Generalsekretär Mike Groschek. Hinter dem „Strahlemann“ und NRW-Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine herrsche das blanke Chaos. „Der Parteiausschluss mehrerer Mitglieder, die das Linksbündnis zwischen WASG und PDS bekämpft haben, zeigt die ganze Zerrissenheit dieser Gruppierung“, so Groschek.
MARTIN TEIGELER