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Haymatlos gegen Killer-Jeans

MUSIK-INTERNATIONALISTEN Das Istanbuler Kollektiv Bandista will Klang, Text und Bild dekonstruieren, um für eine Welt ohne Grenzen und Klassen zu kämpfen. Heraus kommt eine wütende Mischung aus Reggae, Ska und Afrobeat, die nun auch im Norden zu hören ist

Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Realität der Türkei ist Trumpf

VON KNUT HENKEL

„Keine Grenzen, keine Nation, kein Exil“, steht unmissverständlich auf der Homepage von Bandista. Denn praktischer Widerstand ist der siebenköpfigen Kapelle aus Istanbul eine Herzensangelegenheit. Nicht nur den Generälen, die der türkischen Geschichte so manches dunkle Kapitel beschert haben, lesen die wütenden Türken die Leviten. Sondern lehnen auch den Nationalismus ab, der in der Türkei so gerne geschürt wird.

„Haymatlos“, ein Stück von ihrer aktuellen Single, die auf der Homepage zum Download zur Verfügung steht, ist dafür ein gutes Beispiel. Die eingängige Ballade, eine bisweilen pathetische Absage an Grenzen, hat eine zentrale Message: „Niemand ist illegal“. Dass es ihnen damit Ernst ist, beweisen Bandista, indem sie immer wieder – neben Türkisch und Kurdisch – auch auf Englisch und Deutsch singen.

Gefunden hat sich das Septett vor sechs Jahren in Istanbul. Basis für die Musik der Band war dabei von vornherein der internationalistische Ansatz. Und so fusionieren Bandista Django mit Reggae, Bratsch mit Ska, Dub und Afrobeats mit folkloristischen Elementen aus Anatolien. Dekonstruktion lautet die Formel, mit der Bandista an Musik, Texte und Bühnenshow herangehen.

Vor drei Jahren erschien ihr Debüt „De te Fabula Narratur“, insgesamt neun Tracks, die allesamt historische Widerstandslieder aufgreifen. Ein halbes Jahr später folgte eine Mini-LP mit dem Titel „Pasanin Basucu Sarkilari“, auf der das Kollektiv die Generäle kritisiert, die 1980 den Militärputsch in der Türkei durchgeführt haben– und alles verboten haben, was auch nur einen Hauch von linkem Gedankengut enthalten könnte.

Das kritisieren Bandista in ihren Texten ebenso wie den gesellschaftlichen Rückschritt, den der Putsch nach sich zog. In der Türkei ist der Militärputsch bis heute weitgehend ein Tabu, gegen das die sieben Bandistas bewusst rebellieren. Das kommt bei der jüngeren Generation gut an, wie mehr als 40.000 Downloads auf ihrer Homepage zeigen.

Eine wichtige Rolle spielt dabei auch der Sound der Bandistas. Neben Gitarre und Drums kommen Akkordeon, Klarinette, Bouzouki und Melodica zum Einsatz und sorgen für mitreißende Beats. Die sind nicht nur auf Festivals und in Konzertsälen zu hören, sondern auch auf Demonstrationen und bei Performances auf der Straße.

Auseinandersetzung mit der politischen und gesellschaftlichen Realität der Türkei ist Trumpf. So machte die Band letztes Jahr auf ihrer Europa-Tour unter anderem mit Videoclips über die Produktionsbedingungen in der Türkei auf die Opfer des Bestrahlens von Jeans mit Sand aufmerksam, die unter schweren Lungenverletzungen leiden.

Jüngstes Projekt der Bandistas ist die Gründung des Frauenprojekts „Bandsistaz“. Doch das wird bei der derzeitigen Tour noch nicht mit auf der Bühne stehen.

■ Braunschweig: Mo, 1. 10., Nexus; Bremen: Mi, 3. 10., Kulturzentrum Lagerhaus; Hamburg: Do, 4. 10., Hafenklang; Lübeck: Fr, 5. 10., Treibsand; Kiel: Sa, 6. 10., Alte Meierei; Hannover: Do, 11. 10., Pavillon

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