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Archiv-Artikel

Räumen oder räumen lassen

HAUSBESETZUNG Noch ist unklar, ob die Künstler heute die besetzten Häuser im Gängeviertel verlassen. Sie halten die Zugeständnisse der Stadt für ungewiss

Alternative Nutzung

Laut Hanzevast sollen 70 Prozent der Bausubstanz im Gängeviertel erhalten bleiben; Skeptiker sprechen davon, dass 80 Prozent abgerissen werden. Hanzevast plant dort Wohnungen, Büros und Gewerbeflächen.

■ Ein alternatives Nutzungskonzept haben die Besetzer vorgelegt:

■ Ein Fünftel der rund 7.000 m[2]soll gewerbliche Fläche sein, zwei Drittel Wohnraum[.]

■ Geplant ist eine Mischnutzung mit Gewerbe, Gastronomie, Ateliers und Wohnungen. Neben Gemeinschaftsateliers soll Platz für Soziokultur sein.

Vielleicht wird die Stadt heute zwei besetzte Häuser im Gängeviertel räumen. Vielleicht werden die Künstler die Häuser bereits verlassen haben. Vielleicht wird die Stadt aber auch alternativ eine Geldbuße an den Investor zahlen.

Wieder einmal bleibt vieles unklar in der Auseinandersetzung um die seit August besetzten Häuser im Gängeviertel. Sicher ist allein, dass der niederländische Investor Hanzevast bekundet hat, die heute fällige dritte Rate des Kaufpreises an die stadteigene Sprinkenhof AG überweisen zu wollen – um dann die Gebäude vertragsgemäß in freiem Zustand zu übernehmen.

Ob die Künstler dann die beiden zur Debatte stehenden Gebäude am Valentinskamp verlassen haben werden, war am Sonntag noch ungewiss. „Wir haben uns noch nicht entschieden“, sagt Christine Ebeling von der Künstler-Initiative Gängeviertel.

In den Verhandlungen der vergangenen Woche zwischen Stadt und Künstlern hat die Initiative Bedingungen gestellt unter denen sie die Häuser freiwillig verlassen würde: Zum einen ist dies die Überlassung von drei Erdgeschossen, aller Obergeschosse der leer stehenden Häuser sowie von Lagerflächen. Zum anderen aber soll die Stadt garantieren, dass sie keine anderen Investoren ins Boot nimmt, sollte Hanzevast abspringen. Dann könnte über das von der Initiative vorgeschlagene Nutzungskonzept verhandelt werden. Und schließlich wollen die Künstler, dass Finanzsenator Michael Freytag (CDU) Stellung nimmt zum Vorwurf, er habe die Rückabwicklung des Verkaufs verhindert. Denn nach Informationen der Initiative war es der Finanzsenator, der in letzter Minute ein Angebot zurückzog, das Hanzevast anzunehmen bereit war.

Laut Initiativensprecherin Ebeling hat die Stadt, die in den Gesprächen durch die Kultur-, die Finanz- und die Stadtentwicklungsbehörde sowie die Sprinkenhof AG vertreten war, zugestimmt, weitere Flächen herauszurücken. Senator Freytag sei derzeit nicht erreichbar. Der kritische Punkt ist damit die Forderung, keine neuen Investoren ins Boot zu nehmen. Dazu habe es nur „schwammige“ Äußerungen gegeben.

Die Sprecherin der Kulturbehörde, Susanne Frischling, wollte sich dazu mit Verweis auf die Vertraulichkeit der Gespräche nicht äußern. Der Senat habe nicht vor, gegenüber Hanzevast vertragsbrüchig zu werden. Frischling betonte jedoch, dass eine Räumung „kein Automatismus“ sei, sondern alternativ auch eine Konventionalstrafe gezahlt werden könne. FRIEDERIKE GRÄFF