Dummheit muss nicht sein

Schleswig-Holsteins SPD-Innenminister Stegner wagt bei der kommunalen Strukturreform nur den kleinen Wurf

Schleswig-Holstein könnte so übersichtlich aussehen: Vier oder fünf Regionen sollen die heutigen elf Kreise und vier kreisfreien Städte ersetzen. Einen entsprechenden Vorschlag wollen die Grünen am Samstag bei ihrem Parteitag in Lübeck beschließen. Sie bekommen dafür sogar Beifall aus der Wirtschaft. Aber: Ihr Eckpunktepapier wird wohl nur Papier bleiben.

Denn die Große Koalition, die eine Reform umsetzen könnte, will nicht. „Kleine Parteien tun sich leicht, radikale Forderungen zu stellen“, sagte SPD-Innenminister Ralf Stegner gestern auf taz-Anfrage in Rendsburg. Dort sprach er mit Vertretern von Kreis, Ämtern und Gemeinden über seine Pläne. Darin geht es um eine Reform der Verwaltung, die die Strukturen nicht antastet: Stattdessen sollen Aufgaben so verteilt werden, dass die Verwaltungen schlanker werden und damit Geld sparen. Nur die mittlere Ebene, die Ämter, erhalten sanften Druck, sich zusammenzuschließen.

Es war nicht Stegners erstes Gespräch dieser Art – und wird nicht das letzte bleiben: Schließlich will er in jedem Kreis Dampf machen, damit die unteren Ebenen mitziehen. Wesentlich klarer als im Juli, als die Pläne erstmals vorgestellt wurden, ist die Sache noch nicht: Besonders die geplanten „Dienstleistungszentren“ bleiben im Nebel. Sie sollen Aufgaben von Land und Kreisen erhalten, es aber irgendwie schaffen, keine neuen, eigenständigen Behörden zu werden. „Es ist keine Schwäche, dass es heute nicht konkreter wird“, sagt Stegner.

Für die Grünen ist das Wasser auf die Mühlen: „Kapituliert“ habe die Koalition vor dem Widerstand der Bürgermeister und Landräte, meint der Fraktionsvize Karl-Martin Hentschel. Stegner weist das natürlich zurück. Aussagen, die sich gegen den Koalitionsvertrag richten würden, sind von ihm nicht zu erwarten, denn, so Stegner: „Man ist zur Dummheit nicht verpflichtet.“ Jede Entwicklung bringe aber ihre Eigendynamik mit sich, und: „Kein Mensch sollte sich anmaßen zu sagen, er regelt etwas für die nächsten 50 Jahre.“ Esther Geißlinger