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Archiv-Artikel

Träume von Feuerwehr mit Bob Dylan

KINO Alma Har’els „Bombay Beach“ in Kaliforniens Wüste

Begibt sich das Kino in die hintersten Winkel der US-amerikanischen Provinz, findet man sich schnell in einem Paralleluniversum wieder. Käffer und Landschaften, verloren und aus der Zeit gefallen. So auch Bombay Beach, baufällige Häuser in der südkalifornischen Wüste und ein im Austrocknen befindlicher See.

Red ist ein alter Mann, fährt eine Art Strandbuggy und hält sich mit kleinen Schmuggeleien über Wasser. Er fährt ins Indianerreservat, handelt mit den dort hergestellten Zigaretten, man kann sie sogar einzeln bei dem Mann mit dem zerfurchten Gesicht erwerben. Red ist einer der Überlebenskünstler in Alma Har’els Film „Bombay Beach“. Er hat die besseren Zeiten noch kennengelernt, die 50er Jahre, als der Salton Sea noch ein angesagtes Touristenziel mit schmucken Hotels und Restaurants war. Vom Boom, vom einstigen Versprechen ist nun nichts mehr zu spüren. Die Wüste ist wieder zur Ödnis geworden.

Die seltsame Kraft von Alma Har’els Film „Bombay Beach“ liegt in dem Versuch, dem dortigen Leben eine Bühne zu verschaffen: Die vorgefundene Wirklichkeit darf sich hier selbst inszenieren. Mit dem schönen Effekt, dass sich Kategorien wie Unterschicht oder White Trash zwischen den armseligen Behausungen und rostigen Autos verlieren.

Tatsächlich fühlt man sich am Küchentisch der waffenvernarrten Familie Parish irgendwann ein wenig heimisch. Man verfolgt, wie sich die Liebe einer Mutter zu ihrem kleinen Sohn Benny, der an einer bipolaren Störung leidet und mit Psychopharmaka vollgestopft wird, ihre ganz eigenen Wege sucht. Und dann gibt es noch CeeJay, den afroamerikanischen Jugendlichen, der vor den Bandenkriegen in Los Angeles geflüchtet ist. Mit ihm träumen wir den Traum einer Karriere als Footballspieler.

Überhaupt nehmen die Träume hier immer wieder buchstäblich Gestalt an. Benny, der Feuerwehrmann werden möchte, sitzt plötzlich einen Helm schwenkend auf einem Löschzug. Zu Songs von Bob Dylan und der Band Beirut geht die Realität in Musicalszenen über, tanzen CeeJay und seine Clique ihre Wirklichkeit weiter. „Bombay Beach“ ist im besten Sinne des Wortes ein eigenartiger Film. ANKE LEWEKE

■ „Bombay Beach“. Regie: Alma Har’el. Mit Benny Parrish, Dorran „Red“ Forgy u. a. USA 2011, 80 Min.