berliner szenen: Hey, Smoothie-Männer!
Wir sind nicht nur zufällige Tisch-, sondern auch Hausnachbarn. Nach knappem Smalltalk stellen wir es fest. Und das seit fünf Jahren. Doch wir haben uns nie zuvor gesehen. Auch die Nachbarin, die er „die Nackti-Omi“ nennt, ist mir trotz genauer Beschreibung leider unbekannt. Die ältere Dame hätte bei ihm und seinem Mitbewohner angeklopft, als sie gerade in die Wohnung eingezogen waren, und ihnen erklärt, dass sie seit 50 Jahren nackt auf dem Balkon sonnenbadet. „Ich werde mich jetzt nicht verändern“, sagte sie. „Das ist okay“, sagte er. Nach einigen Tagen klopften die beiden bei ihr an. Sie machten eine Einweihungsparty, doch sie würden versuchen, leise zu sein. „Was? Eine Party muss doch laut sein!“, erwiderte sie.
In dem Moment taucht der Mitbewohner an unserem Tisch auf und feiert die Geschichte mit. Als er erwähnt, dass sie in der vierten Etage wohnen, ist mir klar, dass sie es sind. Sie, diejenigen mit der Smoothie-Maschine. Ich kann sie nicht sehen, darum musste ich mit dem halben Körper in der Luft hängen, weil ihr Küchenfenster direkt neben meinem Balkon ist. Doch ich kann jeden morgen hören, wie die Maschine hart arbeitet, um die Zutaten zu pürieren. Sie behaupten aber, das sei ihre Kaffeemühle. „Jetzt weißt du alles über uns“, sagt der eine. „Fast alles“, sagt der andere. Ein lustiges langhaariges Duo, denke ich. Wir verabreden uns für Sonntag: Falls wir wirklich wir sind, werden wir mithilfe eines Roboterarms – oder zur Not eines Müllaufhebers – zusammen einen Kaffee trinken.
Am Sonntag um die Brunchzeit höre ich tatsächlich das Brummen der Maschine und freue mich. „Hey, Smoothie-Männer!“, rufe ich und eine menschliche Hand, (doch kein Roboter) reicht mir ein silbernes Tablett, auf dem eine hellblaue Tasse mit frisch gemahlenem Espresso balanciert. Luciana Ferrando
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