: Autodidakt aus Breslau
Der Historikerund PublizistWalter Laqueur ist tot
Einen „Wanderer zwischen verschiedenen Welten“ hat er sich genannt, und einen „Überlebenden des Glücks“. Walter Laqueur, geboren 1921, wuchs im schlesischen Breslau als Sohn jüdischer Eltern auf. Schon als Jugendlicher las er alle Zeitungen, die er bekommen konnte – Wurzeln seiner späteren Interessen.
Die Nazis vertrieben den jungen Mann. 1938, nur wenige Tage vor der Pogromnacht, verließ er Deutschland, seine Eltern zurücklassend, die später ermordet wurden. „Bei der Annäherung an die Küste konnte man die Minarette von Jaffa deutlich sehen und schließlich dann die weißen Gebäude von Tel Aviv. Wir waren Europa entkommen, und die alte Welt war bereits halb vergessen“, schrieb er später.
Zeitweilig im Kibbuz
Sein Studium in Jerusalem musste er abbrechen, es ging stattdessen in ein Kibbuz. Doch ein richtiger Kibbuznik ist Laqueur nie geworden. Der Autodidakt begann für Zeitungen zu schreiben, besuchte nach 1945 Paris, Berlin und London und er bereiste Russland. Laqueur schaffte dabei den Sprung vom Journalismus zur Wissenschaft und wurde zu einem weltweit geachteten Publizisten, lehrend in Israel, Großbritannien und den USA. Beliebt machte er sich dabei nicht immer. In seiner „Geschichte des Zionismus“ (1972) kritisierte er den antiarabischen Kurs der Bewegung und verteidigte den Staat Israel doch vehement. Vielen Linken galt er als kalter Krieger, hatte Laqueur doch einige Zeit für den von der CIA finanzierten Kongress für kulturelle Freiheit gearbeitet und verweigerte eine Aufrechnung zwischen den angeblich guten und den schlechten Seiten des Stalinismus.
Walter Laqueurs publizistische Bandbreite war atemberaubend. Er verfasste Standardwerke über den Terrorismus, den Nahen Osten, Russland und Europa. Und immer wieder ist er dabei seiner eigenen Geschichte begegnet, etwa wenn er sich mit der jüdischen Jugend im NS-Staat beschäftigte oder als Leiter der Wiener Library den Holocaust und seine Vorgeschichte erforschte.
Am Sonntag ist Walter Laqueur in Washington im Alter von 97 Jahren gestorben.
Klaus Hillenbrand
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