Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Heute beginnt der Italienische Theaterherbst, ein Festival, das seit 2005 jährlich herausragende italienische Theaterproduktionen präsentiert. In diesem Jahr steht Italiens freie Szene im Zentrum. Den Anfang macht heute Abend im Prater der Volksbühne die sizilianische Compagnia Scimone Sframeli mit ihrem Stück „La Busta“, das sich mit den absurden Fratzen, die Macht den Menschen und ihren Beziehungen verpasst, auseinandersetzt – Berlusconien lässt grüßen. „Beyond Belonging“ heißt ein weiteres Festival, dessen Titel so viel wie „Jenseits von Zugehörigkeit“ heißt. Denn das ist es, was die sogenannte „postmigrantische“ Identität ausmacht, um die es hier geht und die sich nicht mehr zwingend national, sondern kulturell definiert – ein Sachverhalt, der das „postmigrantische Theater“, das während des Festivals zu sehen ist, in unseren globalisierten Zeiten mit Avantgardepotenzial ausstattet. Denn eigentlich werden hier Befunde verhandelt, die inzwischen nicht nur auf Postmigranten, sondern alle postnationalen Individuen zutreffen, weshalb sich das Spektrum thematisch stetig erweitert. 2006 am HAU unter Leitung von Shermin Langhoff begonnen, findet das Festival ab Sonntag nun zum ersten Mal nicht nur im HAU, sondern auch im Ballhaus Naunynstraße statt. Das vielfältige Programm hat eines gemeinsam: den Blick für die Codierung unserer Wahrnehmung zu schärfen. Dazu gibt’s viel Film und Musik. Musik steht auch im Zentrum der neuen Produktion von Nico and the Navigators, und zwar die von Georg Friedrich Händel. „Anaesthesia“ heißt die Pasticcio-Oper aus verschiedenen Händel-Musiken, die –gespielt von der österreichischen Musicabanda Franiu – von den Performern zu einer wundersamen szenischen Wunderkammer ausgebaut wurde. Berliner Premiere ist morgen im Radialsystem.

■ Italienischer Theaterherbst 27. 10.– 23. 11. www.teatrotheater.de

■ „Beyond Belonging“: HAU + Ballhaus Naunynstraße, 1.–28. 11.

■ „Anaesthesia“: Radialsystem, Mi–Sa