: Den Feuerberg voll machen
PUA Feuerbergstraße nahm nach der Sommerpause wieder seine Arbeit auf. Behörde plante, die Zielgruppe auf Jugendliche mit Bewährungsstrafen auszudehnen. Heimleiter forderte mehr Gehalt – und hat einen Nebenjob im Immobiliengewerbe
von Kaija Kutter
Die erste Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) Feuerbergstraße nach der Sommerpause begann so staubtrocken, dass das Gros der Beobachter die Flucht ergriff. Es ging, das hatte die CDU durchgesetzt, noch nicht um die skandalösen Vorkommnisse – sondern zunächst nur um „Konzept und Grundlagen“ der Geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße (GUF).
Bereits die erste Frage des Ausschussvorsitzenden Manfred Jäger (CDU) an den als Zeugen geladenen Heimleiter Wolfgang Weylandt, wie nämlich die städtische Heimaufsicht auf das Konzept „eingewirkt“ habe, wurde von dessen Rechtsbeistand mit dem Kommentar abgewürgt, dies sei nicht durch die Aussagegenehmigung des Senats abgedeckt.
Doch der PUA setzte sich durch, und der Rechtsbeistand verstummte im folgenden fünfstündigen Verhör, welches gegen 22 Uhr am Freitagabend wegen Erschöpfung des Zeugen unterbrochen und auf kommenden Freitag verschoben wurde. Und am Ende des Abends war es der SPD gelungen, sogar Weylandts „Nebentätigkeit“ als geschäftsführender Gesellschafter einer Immobilienfirma zur Sprache zu bringen: Selbst Jäger fand es wichtig zu wissen, über welches Zeitbudget Weylandt verfüge. Wie ein roter Faden zogen sich durch den Abend die wiederholten Nachfragen von SPD-Obmann Thomas Böwer nach dem Streit um Weylandts Gehalt.
Dieser wollte recht bald nach Eröffnung des Heims im März 2003 von BAT 4a auf BAT 3 hochgestuft werden, unter anderem, wie es in einer Aktennotiz heißt, weil ihm nicht bekannt sei, „dass ein Verbundleiter zum Staatsrat zitiert wird“. Dagegen war selbst das Personalamt beim Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung (LEB), um andere Mitarbeiter nicht zu benachteiligen.
Der nach mehreren spektakulären Fluchten aus der Feuerbergstraße im Frühjahr 2003 neu eingesetzte LEB-Chef Klaus-Dieter Müller hingegen bezeichnete Weylandts Höhergruppierung gar als „wichtigen Baustein“ für die GUF. In der Sache wird bis heute prozessiert.
Nur sehr ungenau konnte der Heimleiter sich erinnern, wann und worüber er mit Sozialbehördenstaatsrat Klaus Meister gesprochen habe. Da musste ihn sogar der CDU-Ausschussvorsitzende bitten, seine „Erinnerung etwas anzuspannen“ und nächstes Mal den Terminkalender mitzubringen. Wie aus Aktennotizen hervorgeht, hatte Meister bis Sommer 2004 die direkte Dienstaufsicht über den LEB inne – und trüge somit Verantwortung für im PUA aufgedeckte Missstände.
GAL-Obfrau Christiane Blömeke befragte Weylandt nach einem Workshop zur GUF-Zukunft im November 2004. Wie aus einer in den PUA-Akten befindlichen E-Mail hervorgeht, verlangte Sozialbehörden-Abteilungsleiter Dirk Bange, eine Passage aus Weylandts Protokoll jener Sitzung zu streichen, „weil es noch nicht öffentlich werden sollte“.
Angedacht worden war, auch Jugendliche in der GUF unterzubringen, die eine Bewährungsstrafe bekommen haben oder in Untersuchungshaft sollen. Der Zeuge bestritt diese Pläne nicht und berichtete, die bereits erfolgte Unterbringung zweier Jungen auf dieser Grundlage sei „fruchtbar“ gewesen.
Blömeke befürchtet nun, dass hier mit allen Mitteln versucht wird, die „Feuerbergstraße zu füllen, damit sie ihre Existenzberechtigung erhält“: Für die besagte Gruppe gibt es freie Plätze auch in der Jugendgerichtlichen Unterbringung des LEB am Höfschläger Weg. Die allerdings kommt, im Gegensatz zur GUF, ohne Schlösser aus.