SCHLEUSENKRUG
: Vergiss den Panda!

„Wir sind doch hier nicht im Puff!“

Wir saßen in der Nähe des Schleusenkrugs im Tiergarten am Kanal und beobachteten die Ausflugsschiffe, die nahezu lautlos an uns vorüberglitten. Nach einer Weile erreichte uns ein überfüllter, mit Lichtern behangener Partydampfer mit Anzugträgern. Bei so was habe ich auch mal gearbeitet, sagte A. Guck dir das mal an, zwei Prozent Frauen, und die Männer können nicht reden, kein Networking, kein Small Talk, die reden einfach nicht. Die angeheuerte Musikkapelle, die ausschließlich aus Männern bestand, trug Strohhut und pausierte gerade.

Dann waren wir plötzlich in einer Win-win-Situation. Das Licht durfte ausgehen, das Dunkel war dran, es wurde kühl. Auf der anderen Seite veranstalteten die Vögel in den meterhohen Zoovolieren einen Krawall, Seehunde riefen, zwei Reiher flogen fast lautlos über dem Wasser an uns vorbei. Heute, sagte ich zu A., hätte ich auf den U-Bahn-Monitoren gelesen, dass Bao-Bao, der älteste Panda des Zoos, mit 34 Jahren gestorben sei und dass sie und ich und der Panda derselben Generation angehören würden und dass also die Einschläge immer näher kommen würden. A. machte ein Geräusch mit dem Mund, als würde jemand mit der flachen Hand auf einen Quadratmeter Götterspeise schlagen, und sagte dann: So ein Blödsinn, das ist ein Panda!

Ja, sagte ich, aber den hat mir der Großvater schon vorgestellt, als wäre er der Anführer einer höheren Ordnung, herrje, das war der Bambus-Gott! Ein weiteres Ausflugsschiff, ein Paddelboot, dann eine alternative Angelegenheit, deren Deck so aussah, als sei bei der letzten Brücke ein Mülleimer darüber entleert worden. Das eng umschlungene Paar, das zehn Armlängen weiter lag, begann leise zu stöhnen. Ein Trupp erwachsener Kinder flitzte auf Fahrrädern vorbei, und der Anführer brüllte: Wir sind doch hier nicht im Puff! Dann war Stille. In die Stille sagte A.: Vergiss den Panda! BJÖRN KUHLIGK