: Kassen geben Plus nicht weiter
Die gesetzlichen Krankenkassen verzeichnen fast eine Milliarde Überschuss. Trotzdem kaum Beitragssenkungen geplant. Man wolle erst die Wahl abwarten, sagt die AOK
BERLIN taz ■ Die gesetzlichen Krankenkassen haben im ersten Halbjahr 2004 einen Überschuss fast in Milliardenhöhe erwirtschaftet. Das Plus, das nach Angaben der verschiedenen Kassen insgesamt 994 Millionen Euro beträgt, fällt damit aber wesentlich geringer als im Vorjahr aus. 2004 konnten die Kassen im gleichen Zeitraum einen Überschuss von 2,4 Milliarden verzeichnen.
Beitragssenkungen wird es nur in sehr wenigen Ausnahmefällen geben. „Wir sind weiter über die steigenden Kosten bei den Arzneimitteln und in den Krankenhäusern besorgt“, sagte der Sprecher des Bundesverbandes der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), Udo Barske, zur Begründung. „Außerdem warten natürlich alle die Ergebnisse der Bundestagswahl ab.“ Nur die AOK Baden-Württemberg hat zum September eine Senkung ihrer Beiträge um 0,1 Prozentpunkte angekündigt.
Bundesweit hat die AOK einen Überschuss von 430 Millionen verzeichnet. Bei den Betriebskrankenkassen (BKK) sind es 275 Millionen, bei den Ersatzkassen 147 und bei den Innungskrankenkassen (IKK) 142 Millionen.
Entscheidend für die schwarzen Zahlen ist der Bundeszuschuss für so genannte versicherungsfremde Leistungen wie das Mutterschaftsgeld, der über die Tabaksteuererhöhung finanziert wird: Er ist in diesem Jahr mehr als doppelt so hoch wie 2004. 1,25 Milliarden Euro haben die Kassen dafür im ersten Halbjahr bekommen.
Die Krankenkassen sparen beim Zahnersatz viel Geld, weil dafür seit Januar neue Finanzierungsregeln gelten (siehe taz vom 27. 8.). Zudem geben die Kassen für Krankengeld, für die eigenen Verwaltungskosten und für Zinsen weniger aus. Im Zuge der Gesundheitsreform haben sie ihre Schulden in Höhe von insgesamt 8,3 Milliarden Euro reduziert. Im Jahr 2007 müssen sie schuldenfrei sein, so steht es im Gesetz. Bis dahin sollen die Überschüsse je zur Hälfte zum Schuldenabbau und zur Senkung der Beitragssätze eingesetzt werden.
Das Bundesgesundheitsministerium von Ulla Schmidt (SPD) zeigte sich gestern zufrieden. Die Gesundheitsreform zeitige Wirkung, betonte eine Sprecherin. Genaue Aussagen für die gesetzliche Krankenversicherung im ersten Halbjahr seien aber erst nach Auswertung der Zahlen möglich, die bis Monatsende eingereicht werden müssten. Der größte Rechnungsposten seien die Krankenhausausgaben. Die Ausgaben für Arzneimittel seien im Vergleich zwar geringer, doch sei es ein Ärgernis, dass sie erneut angestiegen seien. Es werde wieder „zu teuer und zu viel“ verschrieben.
SABINE AM ORDE