: 1,6 Milliarden Dollar Lösegeld
STAATSFINANZEN Weil Argentinien alte Forderungen aus seiner Staatspleite nicht begleichen will, hat ein Hedgefonds das Vorzeige-Schulschiff des Landes in Ghana festlegen lassen
VON BEATE WILLMS
BERLIN taz | Angenehme 25 bis 30 Grad bei nur leicht bewölktem Himmel sind für die ghanaische Hafenstadt Tema in den nächsten Tagen angesagt. Schönes Wetter also. Das ist aber auch die einzige gute Nachricht für die rund 200 Frauen und Männer an Bord der Fregatte „Libertad“. Denn das Schulschiff der argentinischen Marine wird von den Behörden in Ghana festgehalten.
Anlass ist eine einstweilige Verfügung, die der US-Hedgefonds Elliott NMKL Capital vor einem Gericht des Landes durchgesetzt hat. Damit will er die Rückzahlung von Milliardenschulden erzwingen, die Argentinien seit der Bankrotterklärung vor elf Jahren bei ihm hat.
Der argentinische Außenminister Héctor Timerman sprach von „moderner Piraterie“. Ghana verstoße gegen die Genfer Konvention, wenn es das Schiff nicht umgehend weitersegeln lasse.
Die Regierung in Buenos Aires hatte sich Ende 2011 für zahlungsunfähig erklärt. Zwischen 2005 und 2010 wurden mehr als 90 Prozent der Verbindlichkeiten von ursprünglich rund 100 Milliarden US-Dollar (heute 77,2 Milliarden Euro) umgeschuldet. Dabei mussten die Gläubiger auf rund 70 Prozent ihrer Verbindlichkeiten verzichten. Einige Investoren machten den Schuldenschnitt nicht mit und wollen nun ihre kompletten Forderungen ausbezahlt bekommen.
Dazu gehört auch Elliott. Der Fonds war erst kurz vor der Staatspleite in das Geschäft mit den argentinischen Anleihen eingestiegen, als diese wegen des Ausfallrisikos billig zu bekommen waren. Mit der gleichen Taktik – mit Abschlägen einkaufen, die volle Summe einklagen – hatte Elliott bereits mit den Pleiten der Konzerne Enron und WordCom sowie mit der Umschuldung Perus viel Geld verdient.
Gerichte in den USA und Großbritannien, vor denen Elliott die argentinische Regierung auf die Rückzahlung von 1,6 Milliarden US-Dollar verklagt hatte, haben dem Fonds auch diesmal Recht gegeben. Präsidentin Cristina Kirchner will jedoch nicht zahlen. Für sie kommt die Forderung zu einer Zeit, wo es für die Staatsfinanzen alles andere als gut aussieht. Private Institute schätzen, dass die Inflation bei knapp 24 Prozent liegt, auch wenn das staatliche Statistikamt an 9,9 Prozent festhält.
Zugleich hat die Regierung Devisenkontrollen einführen müssen, um zu verhindern, dass immer mehr Argentinier ihr Geld in Dollar umtauschen. Denn die werden gebraucht, um die Staatsschulden zu bedienen, die derzeit rund 180 Milliarden US-Dollar betragen. Damit sind sie absolut schon höher als bei der Bankrotterklärung, auch wenn sie im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt nur 42 Prozent ausmachen. Der Internationale Währungsfonds kritisiert die „unpräzisen“ Angaben aus Buenos Aires und wirft dem Land damit mehr oder weniger direkt vor, die Daten zu manipulieren.