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Archiv-Artikel

Einblick (109)

Chiara Erika Marzi, Galeristin

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und aus welchem Grund? Chiara Erika Marzi: Die Ausstellung „Berliner Hauseingänge“ mit Fotografien von Hannes Wanderer und Andreas Göx in der bewohnten „18 m Galerie für Zahlenwerte“ hat mich gleichzeitig an- und aufgeregt. Die anspruchsvollen Bestandsaufnahmen des Fotografenduos von Orten, die jeder kennt und keiner wirklich wahrnimmt, reflektieren das ungewöhnliche Erlebnis der Galeriebesucher im 18 m[2]langen Flur, jeden 18. des Monats um 18 Uhr. Dieses originelle Ausstellungskonzept hat aber „leider“ so viel Publikum und Presse angesprochen, dass die Initiatorin im Juli/August nun ihre Wohnung und Galerie verlassen muss, da der Andrang kunstinteressierter Menschen angeblich den Hausfrieden stört. Dabei fällt mir nur ein Goya-Zitat ein: „Der Schlaf der Vernunft generiert Monster.“

Welches Konzert oder welchen Klub können Sie empfehlen? Ich bin seit Jahren Anhängerin der literarischen Boygroup Fön, die an den verschiedensten Orten ihre „Texte an Musik“ vorführt. In ihrer CD „Wir haben Zeit“ (Traumton) besingen sie amüsant und melancholisch die absurden Seiten des Alltags. Der Sänger und Instrumentalist der Gruppe bringt parallel zu Fön mit „Bruno Franceschini & Band“ italienisches Flair in den deutsche Chanson ein.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie zurzeit durch den Alltag? Ich lese gerne gleichzeitig verschiedene Publikationen. Eines meiner bevorzugten Kunstmagazine ist Parkett, und neben der asiatischen Literatur (auch Haruki Murakami) gilt mein Interesse allein aus nostalgischen Gründen Autoren aus meinem Heimatland Italien wie Stefano Benni (z. B. „Balladen“) oder Roberto Giardina (z. B. „Anleitung, die Deutschen zu lieben“).

Welches Ereignis des Alltags macht Ihnen momentan am meisten Freude? Das Leben mit der Kunst auch „außerhalb der Bürozeiten“ im privaten Alltag macht mir am meisten Freude. Den ersten Vorgeschmack in diese Richtung habe ich durch meine Tätigkeit in der Sammlung Hoffmann bekommen. Ich finde es faszinierend, wie bereichernd eine bewohnte Kunstsammlung sein kann, in der man sich inhaltlich durch eine wechselnde Hängung der erworbenen Werke mit diesen auseinander setzen kann –wobei meine Wohnung in ihrem Umfang natürlich nicht mit den Sophie-Gips-Höfen vergleichbar ist. Noch ein wichtiger und erfüllender Aspekt des Lebens mit der Kunst ist die Freundschaft, die über die Galerieräume und das Geschäftliche hinaus mit einigen Sammlern entstehen kann, die ähnliche Prioritäten im Leben setzen.