: Immer Ärger mit Harry
DENKMALSTREIT Ein Nachguss von Waldemar Grzimeks Heinrich Heine-Plastik darf in Bremen in den Grünanlagen stehen, nicht auf dem Markt. Gegen beide Standorte waren allerlei Bedenken artikuliert worden. Das hat, gerade was Heine angeht, eine gewisse Tradition
Es hatte ja grundsätzlich niemand etwas dagegen gehabt, ganz echt, trotzdem gab’s ein bisschen Zoff, im Vorfeld. Bis gestern der Bürgermeister und Kultursenator Jens Böhrnsen ein Machtwort sprach: Ja, Bremen bekommt ein Heinrich Heine-Denkmal, ja, es wird die leicht über-lebensgroße Bronze von Waldemar Grzimek sein, die mit Sockel 3,30 Meter misst, und nein, sie wird nicht rechts vom Entrée der Bürgerschaft stehen, wie von den Stiftern zuletzt favorisiert, sondern in den Wallanlagen. Wie ursprünglich geplant.
Die alte Befestigung hatte Bremen einst abgerissen und begrünt, um Napoleon nicht zu provozieren. Insofern passt das: Napoleon war zweifellos eine zentrale Figur für Heine. Aber dann hatte der Landesdenkmalpfleger abgeraten, weil er sich um das Gartendenkmal sorgte. Als dann alternativ der politischere Standort am Marktplatz ins Gespräch kam, war’s dem Konservator recht. Nicht aber dem bis dahin ziemlich unauffälligen Landesbeirat „Kunst im öffentlichen Raum“, der wilhelminische Reiterstandbilder direkt am Renaissance-Rathaus knorke findet, und auch gewiss grundsätzlich nichts gegen einen 1950er-Jahre-Heine hat. Aber den vis-à-vis zum 5,50 Meter hohen Roland und direkt unterhalb der 1960er-Bürgerschaft aufstellen … ui,ui,ui, wenn das mal nicht den Welterbe-Status gefährdet. Also: Nein. Daraufhin drohte der Mäzen und Bauunternehmer Klaus Hübotter, seine Spendenzusage zurückzuziehen. Und dann intervenierte Böhrnsen.
Anstößig gefunden hatten auch schon die SED-Oberen dieses Denkmal. Und immer wenn es in Deutschland um den Juden Harry Heine geht, der sich erst im Zuge seiner Assimilierung in Heinrich umbenannte, rührt sich ja das Gequäkel und Gekrittel, ein alter Reflex.
„Grundsätzlich nichts, aber, …“, das ist die Floskel, die nur dürftig verdeckt, was an Phobien noch fortlebt: Man hat ja beileibe nichts grundsätzlich gegen ein Heine-Denkmal, bloß dieses hier ist irgendwie – …
Den Kulturfunktionären in Ost-Berlin war diese Plastik 1956 zu bürgerlich gewesen, Grzimek hatte sie für einen zentralen Platz der jungen DDR schaffen sollen, und dann macht er so etwas: Der Dichter sitzt einfach da, ein Buch in der Hand, lächelt auch noch, ganz ohne revolutionäre Geste.
Also kam die Bronze in eine Nebenstraße des Zugangs zum Mandrellaplatz, wo immerhin das Amtsgericht Köpenick residiert. Grzimek fand’s Affront genug, um das System zu wechseln: Er zog nach Westberlin. Mit Bremen hat er erst drei Jahre nach seinem Tode zu tun bekommen: 1987 erhielt er den Rolandpreis, 2006 kam dann sein Nachlass ans Gerhard Marcks Haus. Auch die Nachgussrechte erhielt das Museum in der alten Ostertorwache.
Heine war nur am 20. September 1826 einmal in Bremen, auf der Rückreise von Norderney, und dass er dort ein Denkmal haben soll, scheint auf den ersten Blick nicht zwingend: Aber Jesus war schließlich auch nie da – und Kirchen gibt’s hier trotzdem ohne Ende. Und Heine hat, immerhin, im Nachgang zu seinem Bremen-Besuch ein Gedicht gewirkt. Im Hafen heißt es, es steht im zweiten Nordsee-Zyklus und ist das einzige Trinklied des Gesamtwerks. Denn Heine war kein großer Zecher. Nur die Welt und die Stadt – die sind irgendwie chronisch besoffen. BES