Kito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um:
London ist teuer. In der Skyline der Metropole spiegelt sich eine Stadtentwicklung, getrieben vor allem durch kommerzielle Interessen. In ihrer Schau „Die gefaltete Stadt“ in der Galerie im Saalbau nimmt die Künstlerin Claudia von Funcke in Fotografien, kantigen Objekten und einer Videoanimation Bezug auf die Londoner Stadtlandschaft: die Rasterfassaden der City schieben sich wie abstrakte Flächen ineinander (bis 7. 10., Mo.–So. 10–20 Uhr, Karl-Marx-Str. 141).
Der Titel der Gruppenausstellung „Only through Time Time is conquered“ in der Galerie Dittrich & Schlechtriem suggeriert eine Gemächlichkeit, die zu diesem schwülwarmen Sommer passt. Doch gleich zu Beginn der Schau, welche Kunst von acht zeitgenössischen Künstler*innen aus Israel versammelt, geht alles ganz schnell. In dem auf Loop geschalteten Video „The Axis Reversed“ (2017) von Eran Nave wird ein Ghettoblaster nach einer Fahrstuhlfahrt von einem Hausdach geworfen, während aus dem Gerät ein menschlicher Schrei ertönt: Man denkt an Edvard Munch, Punkrock-Gesten und wie falsch ein Slangwort in diesem Kontext womöglich klingt. Gal Weinstein entwickelt ein sich treppenförmig verschachteltes Display aus verschieden hohen Tischen („Coffee table“, 2018), deren glasversiegelte Oberflächen in ihren Braun- und Grüntönen entfernt an Landschaften aus der Vogelperspektive erinnern – sich aber bei näherer Ansicht als Schimmelflecken entpuppen. Sie korrespondieren mit den gläsernen Lichtkästen von Eitan Ben-Moshe, deren versponnenes Innere jede Eindeutigkeit verneint (bis 1. 9., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Linienstr. 23).
In der mythologischen Vorstellungswelt des Altertums wurden Götter auch so unterschieden: Auf den lichten Höhen des Götterbergs Olymp residierten die Hauptgötter. In und unter der Erde hingegen walteten die chthonischen Mächte: die Toten, unterirdische Heroen und Gottheiten. Mit dieser Doppelfigur arbeitet die Gruppenausstellung „Chthonic Rift“ bei Kraupa-Tuskany Zeidler. So erinnert die gerollte und verschnürte Textilskulptur der estnischen Bildhauerin Anu Põder (1947–2013) aus dem Jahr 1992 in ihrer Bündelform sowohl an ein großes archaisches Schneckengehäuse als auch an einen gekrümmten Rückentorso. Zwischen Humor und Horror schweben die figurativen Skulpturen von Evgeny Antufiev. Der Künstler wurde 1986 in Kysyl geboren. Das ist die Hauptstadt von Tuva, einer autonomen Republik im südlichen Teil von Sibirien. Dort sind seit dem Zusammenbruch der alten Sowjetordnung schamanistische Rituale längst zurückgekehrt (bis 7. 9., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Kohlfurterstr. 41/43).
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