RAMSAUER KOMMT
: Trinken kann er selber

Irgendwann ist es Zeit zu gehen

Verkehrsminister Ramsauer erscheint. Es gibt ein geringes Zeitfenster, in dem die Anliegen der Anlieger schnell und sachlich erläutert werden müssen. Worum geht es? Um die doppelte Bahntrasse hier im Rheintal, um Lärmbelästigung, das Ausbleiben der Wandertouristen, der Schaden für die örtliche Wirtschaft. Es ist einfach unwirtlich geworden hier. Jede Minute rattert hier ein Zug vorbei.

Ramsauer entsteigt seiner Limousine, kein Zug. Presse ist da, die Vertreter der BI, der Bürgermeister, alle. Kein Zug. Ramsauer meint: Tja. Das ist wohl der Vorführeffekt! Oder es liegt an ihm! Schon fünf Minuten, und kein Zug rattert die Trasse herab! Hehe! Dann das: Ein Vertreter der BI nutzt die Gelegenheit, dem Verkehrsminister einen schmutzigen Witz zu erzählen. Ramsauer lacht, sagt, schöner Witz, jetzt muss ich aber wieder los, schade das mit dem Zug – und ab. Die Limousinen sind keine Minute außer Sichtweite, da rattern zwei Züge über die Trassen.

C. erzählt diese Anekdote zu später Stunde. Kollege A. hat in eine angenehme Bar in Mitte geladen, es ist sein Geburtstag. Fast jeder und jede seiner Gäste hat etwas mit Schreiben zu tun. Vorher waren wir im Habbema, der kleinen Bühne der Peter-Hacks-Gesellschaft. Es hatte eine szenische Lesung gegeben: „Der Geldgott“.

Das Stück hatte am Ende einen schmutzigen Witz erzählt, statt dem Problem eine Lösung anzubieten. Das war jedenfalls C.s Kritik daran. Deshalb die Anekdote mit Ramsauer, die er jetzt schon zum dritten Mal zum Besten gibt. Sex also nicht als, sondern statt Lösung – ein bekanntes Prinzip. Sollte man auch mal ein Stück darüber schreiben.

Irgendwann ist es Zeit zu gehen. „Hier ist schon mal das Trinkgeld“, sage ich zum Wirt, der als Freund des Geburtstagskinds Teil nicht des Problems, sondern der Gesellschaft ist. „Trinken kann ich selber“, sagt er.

RENÉ HAMANN