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Die falschen Vibes

Eigentlich könnte man 100-jähriges Jubiläum feiern, aber Baulärm versalzt die Suppe. Das Filmorchester Babelsberg ist in Nöten

Von Andreas Hartmann

Das einst als UFA-Sinfonieorchester gegründete Deutsche Filmorchester Babelsberg feiert in diesem Jahr sein hundertjähriges Jubiläum. Ausgerechnet jetzt droht der Institution mit wechselhafter Geschichte, die den Zweiten Weltkrieg und das Ende der DDR überlebt hat, das Aus wegen Baulärms.

Das Filmorchester ist beheimatet auf dem Gelände des Studio Babelsberg in Potsdam. Dort verfügt es über einen Proben- und Aufnahmesaal. Ein Investor hat in dessen unmittelbarer Nähe ein Grundstück gekauft und baut dort in den nächsten eineinhalb Jahren ein Bürogebäude. Erste Baumaßnahmen auf dem Gelände haben bereits dazu geführt, dass aufgrund der Lärmemission ein „seriöses, professionelles Aufnehmen nicht möglich sei“, so Klaus-Peter Beyer, Intendant des Filmorchesters. Er spricht von Tieffrequenzen, die den Saal während der Bauarbeiten zum Vibrieren bringen würden. Müsste das Orchester für die nächsten eineinhalb Jahre auf Einnahmen aus den Aufnahmen verzichten, sei das Orchester nach dessen derzeitigem Finanzierungsmodell am Ende.

Die eine Hälfte seines jährlichen Etats bekommt das Orchester vom Land Brandenburg, die andere, 1, 7 Millionen Euro, muss es selbst erwirtschaften. Ein Zustand, der ungewöhnlich sei für ein Orchester mit dem Renommee und der Tradition der Babelsberger, wie Beyer durchblicken lässt – vergleichbare Orchester würden weit großzügigere Subventionen erhalten.

Der Klangkörper ist viel unterwegs, gibt Gastspiele in der ganzen Welt, etwa mit Aufführungen von Fritz Langs „Metropolis“ samt sinfonischer Begleitung. Der größere Anteil an selbst erwirtschafteten Geldern kommt jedoch mit CD-Aufnahmen und dem Einspielen von Filmmusiken rein. Rammstein, Nena und Peter Fox haben bereits gemeinsam mit den Babelsbergern aufgenommen, Erfolgsfilme wie „Lauras Stern“ oder „7 Zwerge – Männer allein im Wald“ oder TV-Produktionen von „Das Traumschiff“ bis „Bella Block“ wurden von ihnen musikalisch untermalt. Das Wegfallen dieser Einnahmen könne man sich wirtschaftlich nicht leisten, so Beyer.

Dass sich die Situation für das Orchester scheinbar über Nacht so dramatisch darstellt, liege daran, so führt er fort, „dass die bisherige Informationspolitik eher dürftig“ gewesen sein. Ende letzten Jahres wurde das Gelände in der Nachbarschaft an den Investor veräußert, erst im Frühjahr sei langsam durchgesickert, dass demnächst hier gebaut werden könne, am 5. Juli sei er informiert worden, dass es ab Anfang August tatsächlich losgehen solle. Zeit, Alternativen zum Babelsberger Konzertsaal zu finden, sei somit nicht ausreichend vorhanden gewesen.

Nun müsse er, um wenigstens bereits angenommene Aufträge erfüllen zu können, seine Orchestermusiker Nachtschichten einlegen und auf die Wochenenden ausweichen lassen. Auf Dauer sei dies jedoch nicht möglich, da zu diesen Zeiten höhere Tarife zu zahlen seien, was längerfristig zu einer wirtschaftlichen Schieflage führen würde.

So richtig einen Schuldigen für die aktuelle Lage wolle er nicht ausmachen, lässt er durchblicken. Er verstehe die Sachzwänge des Investors, rechtlich sei der sowieso auf der sicheren Seite. In den Kaufvertrag hätte die Studio Babelsberg AG als Verkäufer an den Investor mit reinschreiben lassen können, dass auf die Bedürfnisse des empfindlichen Nachbarn eingegangen werden müsse. Das sei gar nicht oder nur ungenügend geschehen, womit Beyer den Schwarzen Peter dann doch ein wenig an die AG weiterreicht.

Bis Ende des Jahres werde es das Deutsche Filmorchester Babelsberg in jedem Fall noch geben, sagt er. Wenn sich nicht in den nächsten Monaten eine Lösung des Problems abzeichne, werde er mit dem Kündigen von Musikern beginnen müssen. Gefragt seien nun die Stadt Potsdam und das Land Brandenburg. „Man hat uns immer über den grünen Klee gelobt“, sagt Beyer, „beim Bekenntnis zu uns in monetärer Form hängt man jedoch weit zurück.“ Sprich: Springt die Politik nicht ein bei den zu erwartenden finanziellen Ausfällen, dann wird das Deutsche Film­orchester Babelsberg nicht zu retten sein.

Ob potenzielle Auftraggeber für Aufnahmen nach eineinhalb Jahren Orchester-Zwangspause überhaupt noch einmal mit Aufträgen winken werden, das gibt Beyer auch noch zu bedenken, sei außerdem fraglich.

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